Tiere und Pflanzen in Gefahr Rote Liste wird länger
28.03.2007, 19:08 UhrDas Sterben von Tier- und Pflanzenarten und die Gefährdung natürlicher Lebensräume hat sich nach Aussage von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) weiter beschleunigt. Trotz erster Erfolge durch Schutzmaßnahmen könne er "keine Entwarnung" geben, sagte Gabriel am Mittwoch bei Vorlage einer Roten Liste des Bundesamtes für Naturschutz über gefährdete Biotope. Etwa 72 Prozent aller 690 Lebensraum-Typen in Deutschland von blumenreichen Wiesen bis zu Klarwasser-Seen seien nach wie vor gefährdet oder gar von der Vernichtung bedroht. 1994 waren dies 68,7 Prozent.
Hilfe für Schutzgebiete
"Der Verlust an Lebensräumen ist in vielen Fällen nicht oder nur mit großem Aufwand rückgängig zu machen. Sterben Tier- und Pflanzenarten aus, ist dies unwiderruflich", erklärte Gabriel. Gabriel teilte mit, in der Nacht zuvor sei in Brüssel ein Durchbruch bei der Sicherung des Naturschutz-Förderprogramms "Life +" erzielt worden. Mit dem unter seiner Leitung zu Stande gekommenen Ergebnis im Vermittlungsverfahren zwischen dem EU-Parlament und dem Rat der Regierungen seien für 2007 allein 250 Millionen Euro gerettet worden, die sonst verfallen wären. Bis 2013 stünden somit insgesamt fast 2 Milliarden Euro zur Verfügung. "Damit leistet 'Life +' einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 und weiterer Umweltprojekte", erklärte Gabriel.
Zugleich kündigte der Minister an, er wolle frühere Umschichtungen der EU-Landwirtschaftsförderung rückgängig machen, die zu Lasten von Naturschutz-Maßnahmen der Bauern gegangen seien. Unter dem Einfluss von Großbauern seien Mittel im Umfang von mehr als einer Milliarde Euro auf die allgemeine Agrarförderung umgeschichtet worden.
Kulturlandschaften verschwinden
Wie Gabriel beklagte auch der Vizepräsident des Naturschutzamtes, Rudolf Ley, "den noch immer viel zu hohen Flächenverbrauch" in Deutschland und eine zu starke Nutzung von Kulturlandschaften. Zwar gebe es Fortschritte beim Erhalt von Auenwäldern und bestimmter Gebüsche. Hochgradig gefährdet blieben jedoch die wichtigen Biotypen Zwergstrauchheiden, blumenreiche Wiesen und Weiden, Streuobstwiesen, Moore und Klarwasser-Seen. Bedenklich sei die Lage weiterhin bei Fließgewässern. Große Flüsse wie der Rhein hätten entweder eine zu hohe Fließgeschwindigkeit für die Ausbreitung überlebenswichtiger Arten, oder es gebe Behinderungen durch Wehre und Staustufen.
Ein Drittel aller Biotypen in Deutschland blieben gefährdet, bei etwa der Hälfte sei eine leichte Stabilisierung erkennbar. Weltweit müsse der Artenschutz vorangebracht werden: Wichtige Stationen dazu seien im Mai eine Konferenz in Den Haag und im kommenden Jahr weltweite Beratungen der Vereinten Nationen in Bonn.
"Standards werden gesenkt"
In einer Aktuellen Stunde des Bundestages kritisierten die Grünen die geplante Novelle des Naturschutzgesetzes, die der Bundesrat am Freitag billigen soll. Damit würden die Standards für den Artenschutz gesenkt und aufgeweicht, sagte Undine Kurth. Lutz Heilmann von der Linkspartei beklagte, statt 2600 Arten würden künftig nur noch 600 Arten geschützt. Umweltstaatssekretär Michael Müller (SPD) wies die Kritik als unbegründet zurück. Das neue Gesetz bedeute im Gegenteil eine Verschärfung, weil etwa beim Bau von Straßen und Siedlungen künftig der Artenschutz beachtet werden müsse.
Quelle: ntv.de