Politik

SPD bei Rente mit 67 uneins Rürup stellt die Kostenfrage

Bundesarbeitsministerin von der Leyen: "Ob Dachdecker oder Bäcker, niemand muss mit 66 noch genau dasselbe machen, was er mit 16 gelernt hat."

Bundesarbeitsministerin von der Leyen: "Ob Dachdecker oder Bäcker, niemand muss mit 66 noch genau dasselbe machen, was er mit 16 gelernt hat."

(Foto: picture alliance / dpa)

"Das Rentensystem ist nun einmal keine Kuh, die im Himmel frisst und auf der Erde gemolken werden kann", gibt der Ex-Chef der Wirtschaftsweisen Rürup zu bedenken: Mit längerer Rentenbezugsdauer steigen die Kosten - und die "können nicht wegreformiert, sondern nur verteilt werden". Die SPD, "Miterfinder" der Rente mit 67, streitet derweil weiter.

Der frühere Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, hat vor einer Verschiebung der für 2012 geplanten schrittweisen Einführung der Rente mit 67 gewarnt. Das Argument, die Erhöhung der Altersgrenze mit dem Hinweis auf eine niedrige Beschäftigungsquote der Älteren zu verschieben, akzeptiere er nicht, sagte der Rentenexperte der "Passauer Neuen Presse".

Zum einen sei die Beschäftigungsquote der Älteren in den letzten fünf Jahren deutlich gestiegen und zum anderen begünstige die demografische Entwicklung eine weitere Erhöhung. "Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird in den nächsten Jahrzehnten deutlich schneller zurückgehen als die Gesamtbevölkerung", warnte Rürup.

Berufsfeuerwehren aus Baden-Württemberg protestieren gegen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit von 60 auf 62 Jahre.

Berufsfeuerwehren aus Baden-Württemberg protestieren gegen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit von 60 auf 62 Jahre.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Debatte, die die Rente mit 67 nur als eine Maßnahme ansehe, um den Anstieg des Rentenversicherungsbeitrags zu dämpfen, sei "verkürzt". Die positiven wachstumspolitischen Gründe würden übersehen. Mit der Lebenserwartung steige die Rentenbezugsdauer. "Die damit verbundenen Kosten sind real, sie können nicht wegreformiert, sondern nur verteilt werden," so Rürup. Die Rente mit 67 bedeute, dass diese Kosten bei denjenigen angelastet würden, die in den Genuss einer höheren Rentenlaufzeit kommen. Wolle man dies nicht, so fielen diese Kosten dennoch an und müssten dann entweder von den Beitrags- und Steuerzahlern oder in Form eines niedrigeren Rentenniveaus von den Bestandsrentnern getragen werden. "Das Rentensystem ist nun einmal keine Kuh, die im Himmel frisst und auf der Erde gemolken werden kann", betonte Rürup.

SPD streitet über ihre Erfindung

Die SPD, "Miterfinder" der Rente mit 67, streitet derweil weiter über das höhere Einstiegsalter. Parteichef Sigmar Gabriel und anderen Sozialdemokraten lehnen die Rente mit 67 dagegen unter den gegenwärtigen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt strikt ab. Ungeachtet dessen bekräftigte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, dass eine längere Lebensarbeitszeit notwendig sei.

Steinmeier sagte im Deutschlandfunk, es werde "notwendig sein, dass wir insgesamt länger arbeiten". In den 50er Jahren hätten die Menschen im Schnitt 8 Jahre lang Rente bezogen, heute seien es 18 Jahre, lautete seine Begründung. "Müssen wir über das 65. Lebensjahr hinaus arbeiten? Ich denke, daran wird im Ergebnis kein Weg vorbeigehen."

Dagegen sagte Gabriel in der ARD: "Solange es uns nicht gelingt, tatsächlich den Anteil derjenigen zu erhöhen, die zwischen 60 und 64 arbeiten, können Sie die Rente mit 67 nicht einführen, weil es de facto nichts anderes ist als eine Rentenkürzung." Heute arbeiteten 65 Prozent der Deutschen nicht einmal länger als 60 Jahre, sagte Gabriel zur Erläuterung. Er plädierte für "flexible Übergangsmöglichkeiten" in die Rente.

Auch der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas bezeichnete die Rente mit 67 in ihrer derzeitigen Form als Fehler und forderte, die bestehende Gesetzeslage zu ändern: "Der Fehler bei der Rente mit 67 war, dass für die älteren Arbeitnehmer nicht genügend Arbeitsplätze zur Verfügung stehen", zitierte "Der Spiegel" den SPD-Landeschef. Sie wirke daher wie eine verkappte Rentenkürzung. "Hier waren die Menschen zu Recht sauer auf die SPD." Dagegen sprach sich Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn "schon aus rein demografischer Sicht für eine Beibehaltung der Rente mit 67" aus. Er plädierte aber für "eine Ausdifferenzierung nach Berufsgruppen".

Das Thema hatte schon beim Parteitag im vergangenen Herbst in Dresden für kontroverse Debatten gesorgt. Am 26. September trifft sich die SPD zu einem außerordentlichen Bundesparteitag in Berlin.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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