Nach Anschlagsversuch Ruhe in Heidelberg
06.09.2002, 17:39 UhrNach der Festnahme zweier mutmaßlicher Terroristen sieht die Polizei in Heidelberg keine erhöhte Gefahr für Anschläge auf US-Einrichtungen. Es seien keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen getroffen worden, sagte ein Polizeisprecher. „Eine erhöhte Gefährdungslage hat sich nicht ergeben.“
Das am Donnerstag in Walldorf festgenommene türkisch-US-amerikanische Paar hatte offenbar zum 11. September Anschläge auf Einrichtungen der US-amerikanischen Streitkräfte im Rhein-Neckar-Raum sowie in der Heidelberger Innenstadt geplant. Seit den Terroranschlägen in den USA vor fast einem Jahr hat die Heidelberger Polizei allerdings durchgehend die amerikanischen Einrichtungen stärker gesichert.
Eigenverrat
Die festgenommene 23-jährige US-Amerikanerin türkischer Abstammung habe gegenüber einer Freundin Bewunderung für Osama bin Laden geäußert und ihr geraten, sich in den nächsten Tagen von dem Supermarkt fern zu halten, berichtete der „Spiegel“. Sie habe weiter gesagt, dort werde bald etwas passieren. Die Bekannte habe daraufhin die US-Militärpolizei gewarnt, die ihre deutschen Kollegen informierte.
Festnahme
Am Donnerstag hatte die Polizei das Pärchen in Walldorf bei Heidelberg festgenommen, das im Besitz von großen Mengen Sprengstoff und explosiven Chemikalien war. "Wir haben die Vermutung, dass mit dem aufgefundenen Sprengstoff am 11. September Anschläge verübt werden sollten", sagte Baden-Würtembergs Innenminister Thomas Schäuble in Stuttgart. Der zusammen mit seiner Lebensgefährtin festgenommene Mann gelte als Gefolgsmann des El-Kaida-Netzwerks des Moslem-Extremisten Osama bin Laden.
Meinung anderer Innenminister
Bundesinnenminister Otto Schily geht bei dem Festgenommenen von einem Einzeltäter aus. „Nach dem, was ich bisher weiß, handelt es sich um einen Einzeltäter ohne bisher erkennbaren Bezug in ein terroristisches Netzwerk“, sagte der SPD-Politiker dem Radiosender Antenne Bayern.
„Es handelt sich offenbar um eine gefährliche Person, die einen islamistischen Hintergrund hat. Wir sollten aber auch keine voreiligen Schlüsse daraus ziehen“, sagte Schily. Zuvor hatte der bayerische Innenministers Günther Beckstein (CSU) erklärt, er gehe davon aus, dass der Festgenommene zu einer Terrorgruppe gehöre. Schily betonte jedoch, dass er sich mit Beckstein grundsätzlich einig sei, dass derzeit höchste Wachsamkeit angebracht sei.
Festgenommener Anhänger von bin Laden
Der 24-jährige gebürtige Türke und seine Lebensgefährtin sitzen mittlerweile in Untersuchungshaft. Die 23-Jährige arbeitet Schäuble zufolge als Zivilangestellte in einem Supermarkt auf dem Gelände der US-Streitkräfte in Heidelberg. "Er scheint ein Anhänger von Osama bin Laden zu sein, gilt als strenggläubiger Moslem, der Amerikaner und Juden hasst", sagte Schäuble über den Türken. Noch sei unklar, ob der in Deutschland geborene Mann Einzeltäter sei oder einer Gruppe angehöre. "Man muss auch neben den Angehörigen des Netzwerks fanatisierte Einzeltäter im Auge haben."
Bombenfund
In der Wohnung des Paares seien fünf vorbereitete Rohrbomben gefunden worden, die noch hätten gefüllt werden müssen, sagte Schäuble weiter. Insgesamt 130 Kilogramm Chemikalien und elektrisches sowie elektronisches Zubehör seien sicher gestellt worden "Es waren Hinweise von amerikanischer Seite", die zur Festnahme des Paares geführt hätten. Der 24-Jährige sei als Lagerarbeiter in einer Chemiefabrik in Karlsruhe beschäftigt. Bei der ersten Vernehmung der Lebensgefährtin des Türken sei festgestellt worden, dass sie "einen Hass auf Juden hat". Der Türke werde von der deutschen Polizei, seine Freundin von US-Sicherheitsbehörden vernommen.
Quelle: ntv.de