Studie räumt mit Vorurteilen auf Rumänen und Bulgaren oft gut qualifiziert
20.01.2014, 15:19 Uhr
Viele osteuropäische Zuwanderer sind gut in den deutschen Arbeitsmarkt integriert - und fahren nur zu Familienbesuchen in die Heimat.
(Foto: dpa)
Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft rechnet vor, dass Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien häufiger Akademiker sind als Deutsche. In seiner Studie wirbt das Institut deshalb für eine echte Willkommenskultur.
Die CSU startet eigens eine Kampagne, um über die vermeintlichen Gefahren durch Zuwanderer aus ärmeren EU-Ländern aufzuklären. Die Losung: "Wer betrügt, fliegt." Ins Bild passen Berichte aus heruntergekommenen Stadtvierteln in Duisburg oder Dortmund, wo arme und ungebildete Einwanderer aus Rumänien und Bulgarien düsterste Klischees bedienen.
Eine neue Studie des Instituts der deu tschen Wirtschaft (IW) in Köln gibt der Geschichte von der "Armutszuwanderung" aus Südosteuropa nun einen neuen Dreh. Die Studie mit dem Titel "12 gute Gründe für Zuwanderung" argumentiert mit Zahlen, die die gute Ausbildung vieler bulgarischer und rumänischer Einwanderer belegen. Demnach hat jeder Vierte zwischen 25 und 64 Jahren einen Hochschulabschluss. In der deutschen Bevölkerung hat den nicht einmal jeder Fünfte.
Kampf um die besten Köpfe
Von der Zuwanderung nach Deutschland profitieren laut IW Staat und Wirtschaft gleichermaßen. Zur Sicherung von Wohlstand und Wirtschaftskraft werde sich Deutschland für Einwanderer weiter öffnen müssen, forderte IW-Direktor Michael Hüther bei der Vorstellung der Studie. Er verwies auf den weltweiten Konkurrenzkampf um die besten Köpfe. Obwohl das Zuwanderungsrecht in den vergangenen Jahren schon deutlich vereinfacht wurde, ist es aus IW-Sicht immer noch ein "Zuwanderungsverhinderungsrecht".
Laut Studie wird sich die Zahl der Fachkräfte hierzulande demografiebedingt - umgerechnet in Vollzeitstellen - bis 2030 um 2,4 Millionen verringern. Dabei ist eine Zahl von netto 100.000 Zuwanderern pro Jahr bereits eingerechnet. Vor allem in den Gesundheits- und Pflegeberufen sowie bei Mathematikern, Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Technikern (MINT) zeichne sich zusätzlicher Fachkräftebedarf ab.
Naturwissenschaftler sind begehrt
Dass die These von den Sozialschmarotzern nicht aufgeht, zeigt auch noch eine andere Zahl. Nach den Zahlen des IW waren bis 2011 63 Prozent der Zuwanderer erwerbstätig. Auf dem Arbeitsmarkt erreichten diese Menschen oft gute berufliche Positionen. Eine Gruppe ist den Angaben des Instituts zufolge besonders interessant für die deutsche Wirtschaft: die Akademiker mit mathematischen, naturwissenschaftlichen, technischen oder Informatik-Abschlüssen. Auch hier sind die Bulgaren und Rumänen mit einem Anteil von 8,4 Prozent unter den Zuwanderern eine starke Gruppe.
Die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien zahle sich "unter dem Strich" aus, erklärte das arbeitgebernahe Institut. Gerade Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker brächten "die Innovationskraft der Bundesrepublik" voran.
Willkommenskultur fehlt
Derzeit wanderten zwar insgesamt viele junge Menschen nach Deutschland ein. Ob das aber so bleibe, sei fraglich. In den ost- und südeuropäischen Ländern werde die Gesellschaft auch älter, und es mangele zunehmend an Fachkräften. Daher werde dort die Arbeitslosigkeit zurückgehen, die Löhne würden steigen und somit blieben möglicherweise mehr junge Menschen in ihrem Heimatland.
Im Wettbewerb um internationale Fachkräfte habe Deutschland allerdings Nachholbedarf. Nötig sei eine "Willkommenskultur", mahnte das IW. Um dem etwas entgegenzusetzen, müsse auch das deutsche Zuwanderungsrecht liberalisiert und ausländische Abschlüsse leichter anerkannt werden.
Quelle: ntv.de, nsc/AFP/dpa