Politik

Der Kriegstag im Überblick Russische Krim-Flugabwehr erneut aktiv - Gazprom kündigt Lieferpause an

Blick auf Sewastopol. Die Stadt ist Heimat der russischen Schwarzmeerflotte.

Blick auf Sewastopol. Die Stadt ist Heimat der russischen Schwarzmeerflotte.

(Foto: imago/ITAR-TASS)

Nach den Explosionen auf dem Krim-Stützpunkt Saki sieht ein Insider die Russen erheblich geschwächt. Eine beträchtliche Zahl an Kampfjets sei nicht mehr einsatzbereit. Die USA kündigen unterdessen neue Waffenlieferungen an die Ukraine an und das Ringen um das AKW in Saporischschja geht weiter. Der 177. Kriegstag im Überblick:

Russische Flugabwehr wieder über der Krim aktiv

Die auf der Halbinsel Krim stationierte russische Flugabwehr hat am Abend das Feuer eröffnet. Als Orte wurden Sewastopol, der Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte, und der Badeort Jewpatorija genannt. "Wie viele andere Einwohner habe ich Explosionen über dem Zentrum gehört", schrieb der Verwaltungschef von Sewastopol, Michail Raswoschajew, auf Telegram. "Vermutlich Drohnen. Die Ziele wurden vernichtet."

Nicht verifizierte Videos in sozialen Netzwerken, die angeblich in Jewpatorija gefilmt wurden, zeigten Leuchtspuren von Flugabwehrfeuer über der Stadt. Auf ähnliche Weise waren am Abend zuvor angebliche Drohnen über der Stadt Kertsch und dem Militärflugplatz Belbek bei Sewastopol abgeschossen worden. Beobachter schlossen nicht aus, dass die Ukrainer damit vor möglichen Angriffen die russische Luftabwehr testen wollten.

Russland geschwächt nach Explosionen

Die Explosionen auf dem Krim-Stützpunkt Saki haben nach Einschätzung eines Insiders der russischen Schwarzmeerflotte stark zugesetzt. Mehr als die Hälfte der zur Flotte gehörenden Kampfjets seien nicht mehr einsatzbereit, sagt der westliche Behördenvertreter. Die Seestreitkräfte hätten Schwierigkeiten, mehr zu leisten als eine "Flottille zur Küstenverteidigung". Sie seien auch in ihrer Fähigkeit behindert, die ukrainische Hafenstadt Odessa mit amphibischen Angriffen zu bedrohen. Der Insider resümiert, insgesamt sei in dem Krieg praktisch ein Patt erreicht worden. "Die Bodentruppen beider Seiten haben nicht genug Kraft, um effektive Offensiven zu starten, die in irgendeiner Weise den Kriegsverlauf wesentlich verändern würden."

Angespannte Lage bei ukrainischem Atomkraftwerk

Trotz der Vermittlungsbemühungen unter anderem durch UN-Generalsekretär António Guterres und den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan spitzt sich die Lage in und um das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine weiter zu. Russland und die Ukraine beschuldigten sich gegenseitig, dort einen Anschlag zu planen. Guterres sprach sich erneut für eine Entmilitarisierung des Kraftwerks und seiner Umgebung aus.

Russlands Präsident Wladimir Putin und sein französischer Kollege Emmanuel Macron haben sich während eines Telefonats für eine Inspektion des AKW Saporischschja durch internationale Experten ausgesprochen. Demnach sollten Vertreter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) die Lage vor Ort bewerten. Russland sichere die "erforderliche Mithilfe" zu, hieß es vom Kreml. Nach französischen Angaben soll die Anreise über die Ukraine unter Kontrolle der dortigen Regierung erfolgen. Für die Sicherheit der Experten sei eine Feuerpause erforderlich, auch wenn diese nicht einfach zu verhandeln sei.

USA liefern weitere Waffen

Das US-Verteidigungsministerium hat weitere Waffen- und Munitionslieferungen an die Ukraine im Wert von rund 775 Millionen Dollar angekündigt. Washington wolle der Ukraine einen "kontinuierlichen Nachschub an Munition" ermöglichen, sagte ein hochrangiger Vertreter des Pentagon vor Reportern. Kiew habe die bisherigen 19 Waffenlieferungen aus Washington gut eingesetzt, ergänzte der Regierungsvertreter. Derzeit sei auf dem Schlachtfeld "keinerlei Fortschritt" für Russland zu erkennen.

Die nun angekündigte Lieferung soll unter anderem präzise steuerbare Raketen für Raketenwerfer vom Typ HIMARS umfassen. Das System hatte es der ukrainischen Armee bereits in den vergangenen Wochen ermöglicht, weit hinter der Frontlinie gelegene russische Kommandozentren und Munitionsdepots zu treffen. Panzerabwehr-Lenkwaffen der Typen TOW und Javelin sollen ebenso zur nächsten Lieferung gehören wie Anti-Radar-Raketen, Überwachungsdrohnen und Haubitzen.

Gazprom kündigt weiteren Lieferstillstand an

Russland kündigte unterdessen an, Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 Ende August für drei Tage zu unterbrechen. Vom 31. August bis zum 2. September werde wegen Wartungsarbeiten kein Gas nach Deutschland fließen, teilte der Staatskonzern Gazprom mit. In den drei Tagen müsse die einzige funktionierende Turbine der Kompressorstation Portowaja überprüft und überholt werden. Dies solle in Zusammenarbeit mit Spezialisten von Siemens Energy geschehen. Wegen angeblich nötiger Reparaturen hat Gazprom schon seit längerem den Gasfluss auf 33 Millionen Kubikmeter gedrosselt.

Kubicki trifft mit Vorstoß zu Nord Stream 2 auf Widerstand

In Deutschland flammte unterdessen eine schon für beendet gehaltene Debatte über die Ostseepipeline Nord Stream 2 wieder auf. FDP-Vize Wolfgang Kubicki forderte die Öffnung der Röhre zur Verbesserung der Gasversorgung in Deutschland, stieß damit aber auf scharfen Widerspruch. Von führenden Liberalen und auch den Koalitionspartnern SPD und Grüne wurde der Vorstoß zurückgewiesen. Auch FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner ging auf Distanz. Er halte den Vorschlag für "falsch und abwegig", sagte eine Sprecherin seines Ministeriums in Berlin. Die Bundesregierung hatte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Inbetriebnahme der fertig gebauten Nord-Stream-2-Leitung ausgeschlossen.

UN-Generalsekretär in Odessa

UN-Generalsekretär kam im Rahmen einer Ukraine-Reise heute in die Hafenstadt Odessa, um sich dort ein Bild vom kürzlich wieder aufgenommenen Getreideexport zu machen. "Es ist sehr bedauerlich, dass die erheblichen Kapazitäten dieses großen Hafens nicht voll genutzt werden", sagte der 73-Jährige nach einer Meldung des ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Zugleich betonte er, dass nicht nur ukrainische, sondern auch russische Nahrungsmittelexporte möglich sein müssten. "Mehr Nahrung und Düngemittel von der Ukraine und Russland zu erhalten, ist wichtig für die Warenmärkte und die Preise", betonte der UN-Chef.

Xi plant Gipfeltreffen mit Putin

Chinas Präsident Xi Jinping plant nach einem Medienbericht kommenden Monat nach Zentralasien zu reisen, um dort den russischen Präsidenten Putin zu treffen. Anlass sei ein regionales Gipfeltreffen, berichtet das "Wall Street Journal". Das Blatt schreibt unter Berufung auf mit den Planungen befassten Personen, das mögliche Treffen sei nach dem Taiwan-Besuch der ranghohen US-Politikerin Nancy Pelosi ins Auge gefasst worden. Grund sei die Furcht vor ungewollten militärischen Zusammenstößen.

Schwere Angriffe auf Charkiw in Ukraine: Zahl der Toten steigt auf 21

Rund einen Tag nach schweren russischen Raketenangriffen auf die ostukrainische Metropole Charkiw ist die Zahl der Toten Angaben aus Kiew zufolge auf 21 gestiegen. In der Nacht zum Donnerstag war die Stadt von massiven Angriffen erschüttert worden. Zwei Wohnheime und das Kulturhaus der Eisenbahn wurden dabei zerstört. Auch mehrere Dutzend Menschen seien verletzt worden. Russland bestätigte lediglich Angriffe auf Ortschaften außerhalb Charkiws, die nur militärischen Zielen gegolten hätten.

Estland schickt mehr Waffen in die Ukraine

Auch Estland will der Ukraine weitere Waffen liefern, darunter Mörser und Panzerabwehrwaffen. Das beschloss die Regierung in Tallinn. Auch will das baltische EU- und NATO-Land die Initiative Großbritanniens zur Ausbildung ukrainischer Soldaten unterstützen. Estland wolle zudem mit Deutschland ein weiteres Feldlazarett in die Ukraine schicken. Das kleine Land hat nach eigenen Angaben seit dem russischen Angriff Militärhilfe im Wert von 250 Millionen Euro an die Ukraine geleistet. Von großen europäischen Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Italien wurden im Juli keine nennenswerten Militär- oder Finanzhilfen mehr angekündigt.

Starbucks wird in Russland zu Stars Coffee

Es ist die jüngste öffentlichkeitswirksame Umbenennung einer großen westlichen Kette in Russland: Ein Rapper, der Putin unterstützt, hat die ehemals zu Starbucks gehörende Kaffeehauskette unter dem neuen Namen Stars Coffee wiedereröffnet. Wie der "Guardian" berichtet, nahmen der Rapper Timati und der Gastronom Anton Pinskiy, die die Rechte an der Kette in Russland erworben haben, an der Eröffnung des ersten der 130 Cafés teil, die zuvor Starbucks gehörten. Während der Eröffnung im Zentrum Moskaus enthüllten die beiden auch das neue Logo der Kette. Dieses hat die ikonische Sirene von Starbucks durch eine Frau mit dem traditionellen russischen Kokoschnik-Kopfschmuck ersetzt, ist aber ansonsten dem alten Logo ziemlich ähnlich.

Weitere wichtige Texte zum Ukraine-Krieg:

Alle weiteren Entwicklungen können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, mpe/dpa

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