Beobachtermission in Georgien Russland blockiert
30.09.2008, 20:36 UhrEineinhalb Monate nach dem Südkaukasus-Krieg beginnt die Europäische Union in Georgien ihre Beobachtermission zur Überwachung der Waffenruhe. An dem zunächst auf ein Jahr befristeten Einsatz beteiligen sich 22 EU-Mitglieder, darunter Deutschland, Frankreich, Italien und Polen.
Die insgesamt 350 EU-Vertreter, die meisten von ihnen Polizisten, sollen den Waffenstillstand in der Region sowie den Abzug russischer Truppen aus den sogenannten Pufferzonen um die abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien kontrollieren.
EU-Chefdiplomat Javier Solana, der zu Gesprächen mit der georgischen Führung in Tiflis eintraf, forderte alle beteiligten Seiten auf, sich an die getroffenen Abmachungen zu halten. "Wir sind hier, um bei der Stabilisierung Georgiens mitzuhelfen", sagte Solana. Die EU-Verteidigungsminister beraten derweil bei einem Treffen in Deauville (Frankreich) über die Beobachtermission, vor allem über die politischen Auswirkungen des russischen Vorgehens in Georgien.
Abzug bis zum 10. Oktober
Die Präsidenten Frankreichs und Russlands, Nicolas Sarkozy und Dmitri Medwedew, hatten vereinbart, dass die EU-Beobachter in den Pufferzonen die Kontrolle übernehmen, sobald die russischen Truppen spätestens bis zum 10. Oktober abgezogen sind.
Zunächst hatte es noch Unstimmigkeiten mit der russischen Armee über den Einsatz der EU-Beobachter gegeben. Sie dürften vorerst nicht in die sogenannte Pufferzone um Südossetien, sagte ein russischer Militärsprecher in der Konfliktregion. Russland hatte der Mission unter der Bedingung zugestimmt, dass die EU mögliche Gewalt von georgischer Seite gegen Abchasien und Südossetien verhindert. Einen Einsatz der EU-Beobachter in Abchasien und Südossetien lehnen die Führungen der beiden abtrünnigen Gebiete im Einklang mit Moskau ab.
Europarat kritisiert Eskalation
Im Europarat in Straßburg übten Parlamentarier aus den 47 Mitgliedsländern scharfe Kritik an Russland. Die Invasion eines souveränen Landes und der Einsatz exzessiver Gewalt seien "völlig inakzeptabel", sagte der schwedische Christdemokrat Göran Lindblad. Inakzeptabel sei auch die einseitige Anerkennung der Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens durch Russland.
Russische Parlamentarier betonten dagegen den Friedenswillen Moskaus. "Wir haben bis zuletzt versucht, eine Militäroperation zu vermeiden und den Konflikt friedlich zu lösen", sagte der Leiter der russischen Delegation, Konstantin Kossachew. Georgier und Russen wiesen sich in der Debatte gegenseitig die Schuld an dem Ausbruch der Feindseligkeiten im Südkaukasus Anfang August zu.
Die Europäer müssten massiven Druck ausüben, um beide Seiten zum Dialog zu bringen, sagte der deutsche SPD-Abgeordnete Johannes Pflug. Er forderte gleichzeitig, dass "Russland nicht ohne Rüge davonkommen sollte".
Russland zieht Botschafter ab
Die Europarats-Parlamentarier stimmen an diesem Donnerstag über eine Entschließung ab, in der beide Seiten aufgefordert werden, den Sechs-Punkte-Plan der EU über den Rückzug der Truppen einzuhalten. In einem weiteren Bericht wird eine unabhängige internationale Untersuchung gefordert, um die Verantwortung für den Beginn des Krieges festzustellen.
Russland zog seinen Botschafter Wjatscheslaw Kowalenko sowie etwa 30 weitere Diplomaten aus Georgien ab. Ein Flugzeug holte die Diplomaten ab. In der russischen Botschaft in Tiflis bleibt nach Angaben von Diplomaten nur noch eine Notbesetzung zurück. Georgien hatte nach der Anerkennung Südossetiens und Abchasiens durch Moskau Ende August die diplomatischen Beziehungen zu Russland eingestellt.
Abchasien feierte mit einer Militärparade den 15. Jahrestag seiner Abspaltung von Georgien. Das Gebiet an der Schwarzmeerküste hatte sich nach dem Bürgerkrieg infolge der Auflösung der Sowjetunion 1993 von Tiflis losgesagt. Präsident Sergej Bagapsch legte in der Hauptstadt Suchumi Blumen am Denkmal für die Opfer des Bürgerkrieges nieder.
Quelle: ntv.de