Streit um Syrien-Resolution Russland wirft den USA Erpressung vor
22.09.2013, 14:54 Uhr
Mit der Kommunikation zwischen Kerry und Lawrow läuft es immer noch nicht gut.
(Foto: REUTERS)
Im Syrienkonflikt verschlechtert sich der Ton zwischen Russland und den USA wieder. Der Westen wolle vor allem seine eigene Überlegenheit beweisen, behauptet Russlands Außenminister Lawrow. Sogar von Erpressung spricht er.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die USA im Streit um eine Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat der "Erpressung" bezichtigt. "Unsere amerikanischen Partner beginnen, uns zu erpressen", sagte Lawrow dem Sender Perwy Kanal, wie russische Nachrichtenagenturen berichteten.
Laut Lawrow droht Washington mit dem Ende seiner Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Initiative gegen Syriens Chemiewaffenarsenal, sollte Russland eine starke Resolution einschließlich der Androhung von Konsequenzen gegen Damaskus im Sicherheitsrat nicht mittragen. Lawrow kritisierte, der Westen wolle nur einen Regimewechsel in Damaskus. "Sie sind vordergründig am Beweis ihrer eigenen Überlegenheit interessiert", behauptete Lawrow mit Verweis auf den Westen.
Wenn es den westlichen UN-Vetomächten rein um die Vernichtung der Chemiewaffen gehe, würden sie sich im Weltsicherheitsrat anders verhalten, sagte Außenminister er weiter. "Im Augenblick versuchen sie, eine Resolution unter Kapitel VII durchzudrücken, ohne auf die Empfehlung des UN-Generalsekretärs zu warten." Kapitel VII erlaubt die Anwendung von Gewalt.
Mörsergranate trifft Botschaftsgelände
Kritik an der russischen Haltung wies der Chefdiplomat strikt zurück. "Ja, manchmal sind wir starrköpfig, aber nur, wenn wir eindeutige Versuche sehen, internationales Recht zu verletzen", sagte Lawrow. "Wenn wir einmal etwas vereinbart haben, verraten wir das nie. Es ist schade, dass unsere Partner uns manchmal nicht auf dieselbe Art antworten."
Lawrow betonte, dass Russland nicht allein der Garant für die Vernichtung der Chemiewaffen in Syrien sei. Dafür sei die gesamte internationale Gemeinschaft verantwortlich. Die UN-Vetomacht Russland ist ein enger Partner Syriens.
In der syrischen Hauptstadt wurde indes die russische Botschaft mit Granatwerfern angegriffen. Nach Angaben eines Botschaftsmitarbeiters und von Menschenrechtsaktivisten landete eine Mörsergranate auf dem Gelände der russischen Vertretung, ohne jedoch jemanden zu verletzen. "Der Betrieb läuft normal weiter", sagte der Botschaftsmitarbeiter der syrischen Nachrichtenagentur SANA. Der oppositionsnahen Beobachterstelle für Menschenrechte zufolge wurde das Hauptgebäude nicht getroffen. Es sei aber das erste Mal, dass ein Geschoss auf dem Komplex gelandet sei.
Opposition zu Friedenskonferenz bereit
Syriens wichtigste Oppositionsplattform Nationale Koalition zeigte sich unter bestimmten Bedingungen zur Teilnahme an einer Friedenskonferenz in Genf bereit. In einem Brief an den UN-Sicherheitsrat betonte der Präsident der Nationalen Koalition, Ahmed al-Dscharba, die grundsätzliche Bereitschaft der Gegner des Regimes in Damaskus, an solchen Verhandlungen teilzunehmen. Allerdings müsse zuvor klar sein, dass die Konferenz die Bildung einer Übergangsregierung ausgestattet mit sämtlichen Exekutivrechten zum Ziel habe.
Eine Sprecherin betonte in Istanbul auf Anfrage, dass alle bisher genannten Bedingungen für Verhandlungen auch weiterhin gälten: Ein Ende der Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad sowie der militärischen Operationen des Regimes im Land.
Russland und die USA hatten bereits vor Monaten eine Friedenskonferenz in Genf zur Lösung des seit zweieinhalb Jahren andauernden Konflikts vereinbart. Bislang kam "Genf 2" allerdings nicht zustande.
Syrien erhielt Fertigungsteile aus Deutschland
Derweil wurde bekannt, dass Syrien einer älteren US-Studie zufolge auch industrielle Fertigungsteile aus Deutschland erhalten haben soll, die möglicherweise in Anlagen für die Produktion von Giftgas verwendet worden sein könnten. Es gehe um spezielle Mischtrommeln, Hochtemperaturöfen sowie isostatische Pressen, heißt es in einem Bericht des Centers for Strategic and International Studies (CSIS) aus dem Jahr 2000, aus dem die "Westdeutsche Allgemeinen Zeitung" zitiert. Die Güter seien teilweise mit deutschen Hermes-Exportlizenzen an Syrien geliefert worden.
Das US-Institut vermutete damals, dass die Lieferungen mehrerer deutscher Unternehmen, die in den 90er Jahren erfolgt sein müssten, nicht gegen deutsches Recht verstoßen haben. Der Essener Ferrostaal-Konzern, eines der genannten Unternehmen, erklärte der Zeitung nach Überprüfung früherer Lieferungen: "Die Darstellung der CSIS können wir nicht nachvollziehen."
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte in dieser Woche eingeräumt, dass zwischen 2002 und 2006 134 Tonnen Chemikalien aus Deutschland nach Syrien geliefert wurden, die auch zur Herstellung von Chemiewaffen genutzt werden können.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa