Neuwahlen und Reformen Russlands Opposition ruht nicht
10.03.2012, 16:04 UhrEine Woche nach Putins Sieg bei der russischen Präsidentenwahl protestieren Zehntausende gegen Fälschungen. Erstmals fordern Redner auch eine "Orangene Revolution" wie 2004 in der Ukraine.Nach der friedlichen Kundgebung kommt es wieder zu Festnahmen.
In Moskau haben mehrere tausend Menschen gegen den künftigen Präsidenten Wladimir Putin und Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentschaftswahl demonstriert. Die Organisatoren sprachen von 25.000 Teilnehmern, die Polizei von 8000. Damit beteiligten sich deutlich weniger Menschen an den Protesten als vor einem Monat, als die Rekordzahl von rund 100.000 Demonstranten erreicht worden war.
Nach Schätzungen von ausländischen Korrespondenten zogen rund 10.000 Demonstranten durch die Moskauer Innenstadt. Die Stadtverwaltung hatte eine Kundgebung mit maximal 50.000 Teilnehmern genehmigt. Bei drei ähnlichen Großdemonstrationen nach der ebenfalls von Betrugsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl im Dezember waren noch deutlich mehr Menschen auf die Straße gegangen.
Forderungen werden umfassender
Die Opposition werde so lange demonstrieren, "bis unsere wichtigsten Forderungen erfüllt sind", sagte einer der Anführer der Protestbewegung, Wladimir Ryschkow. Er forderte politische Reformen, eine unabhängige Justiz, ein Ende der Zensur und vorgezogene Wahlen. Die russische Regierung sei "nicht legitim, und sie hat Angst", rief er den Demonstranten zu.
Die Behörden ließen ein Großaufgebot von rund 2500 Polizisten und Spezialkräften des Innenministeriums aufmarschieren. Sie nahmen etwa ein Dutzend Demonstranten fest, darunter war nach Angaben von AFP-Reportern auch der Chef der oppositionellen Linksfront, Sergej Udalzow. Er war von den Polizisten daran gehindert worden, nach dem offiziellen Ende der Kundgebung mit mehreren weiteren Demonstranten zum Moskauer Puschkin-Platz zu marschieren.
In St. Petersburg war eine gegen Putin gerichtete Kundgebung verboten worden. Fast 250 Menschen versammelten sich dennoch auf einem zentralen Platz in Putins Heimatstadt. Die Polizei schritt ein und nahm rund 40 Teilnehmer fest, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf die Polizei berichtete. Auch in der Stadt Nischni Nowgorod löste die Polizei eine nicht genehmigte Demonstration auf und nahm laut Interfax rund 50 Menschen fest.
Die Opposition hatte nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentschaftswahl am 4. März angekündigt, die Proteste zu einem ständigen Begleiter von Putins dritter Amtszeit im Kreml werden zu lassen. Auch seine Amtseinführung Anfang Mai soll von Protesten begleitet werden.
Glückwünsche aus Washington
Unterdessen gratulierte US-Präsident Barack Obama Putin zu seinem Wahlsieg. In dem Telefongespräch ging es zudem um die Lage in Afghanistan und im Iran, den START-Abrüstungsvertrag sowie den geplanten Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO), wie das Weiße Haus in Washington mitteilte.
Die Kritik der US-Regierung am Verlauf der russischen Präsidentenwahl wurde in der Erklärung des Weißen Hauses nicht erneut aufgegriffen. Washington hatte Moskau nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Abstimmung zu einer unabhängigen Untersuchung der Vorwürfe aufgefordert.
Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach sich für eine umfassende Aufklärung auf. Er werde Putin "beim Wort nehmen, allen Hinweisen auf Wahlmanipulationen mit Entschiedenheit nachzugehen", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Den Ankündigungen müssten "auch Taten folgen". Die Partnerschaft mit Russland bedeute nicht, "dass wir deshalb keine Kritik üben".
Quelle: ntv.de, AFP/dpa