Politik

Syrer sollen gegen Assad aufbegehren SNC-Chef ruft zum Überlaufen auf

Ein inzwischen alltägliches Bild in Syrien, wie hier in Daraa: Bewohner tragen ihre Toten zu Grabe.

Ein inzwischen alltägliches Bild in Syrien, wie hier in Daraa: Bewohner tragen ihre Toten zu Grabe.

(Foto: REUTERS)

Die syrische Opposition im Ausland setzt ihren Kampf gegen die Assad-Regierung mit einem Kurden an der Spitze fort. Er gilt als Kompromisskandidat. Erstmals meldet sich auch Israel mit großer Deutlichkeit zu Wort und fordert, militärisch in Syrien einzugreifen.

Der neue Chef des oppositionellen Syrischen Nationalrats (SNC) hat die Mitglieder der Regierung von Präsident Baschar al-Assad zum Überlaufen aufgefordert. "Wir appellieren an alle Vertreter des Regimes und der Institutionen, überzulaufen", sagte Abdel Baset Seida bei einem Treffen des Rates in Istanbul. Zugleich rief er die Syrer in aller Welt auf, gegen das gewaltsame Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte zu protestieren. Die im Exil lebenden Syrer sollten Sitzblockaden vor den syrischen Botschaften im Ausland organisieren, sagte Seida.

Der neue Kopf des oppositionellen Syrischen Nationalrats: Abdel Baset Seida.

Der neue Kopf des oppositionellen Syrischen Nationalrats: Abdel Baset Seida.

(Foto: dpa)

Seida wurde bei bei dem Treffen des SNC an die Spitze der organisierten Exil-Opposition gewählt. Er gilt als schwacher Kompromisskandidat. Dem bisherigen SNC-Vorsitzenden, dem in Paris lehrenden Professor Burhan Ghaliun, war vorgeworfen worden, den Kontakt zur Opposition im Land verloren zu haben. Auch sei es ihm nicht gelungen, die Fraktionen im SNC zu einen. Für Seida sprach nach Angaben von anderen Mitgliedern des Rates, dass man ihm als Kurden wenig Chancen einräumt, nach einem Sturz des Präsidenten Baschar al-Assad eine Führungsrolle einzufordern. "Er wurde ausgewählt, weil er der Schwächste aller möglichen Kandidaten war", hieß es.

Seida, der seit fast 20 Jahren in Schweden lebt, sprach nach seiner Wahl von einer entscheidenden Phase für Syrien. "Das Regime geht auf sein Ende zu. Die sich häufenden Massaker und die Plünderungen zeigen, dass es um sich schlägt." Es gebe Informationen, wonach die syrische Regierung die Kontrolle über die Hauptstadt Damaskus und andere Städte verloren habe. Weitere Angaben dazu machte er nicht.

Israel schaltet sich ein

Angesichts der fortdauernden Gewalt in Syrien sprach Israels Vize-Ministerpräsident Schaul Mofas von einem "Völkermord": "In Syrien werden heute Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen", sagte er dem Armeesender. Ähnlich wie in Libyen solle die internationale Gemeinschaft militärisch in dem Nachbarland eingreifen, um das Regime von Präsident Baschar al-Assad zu stürzen.

Das "Schweigen der Großmächte" zu Syrien widerspreche jeder menschlichen Vernunft, kritisierte Mofas. "Die westliche Welt muss sich fragen, was muss noch in Syrien passieren, welche Horrorbilder müssen noch im Fernsehen gezeigt werden, damit sie sich entschließt, einzugreifen?" Russland müsse sich im schlimmsten Fall den Vorwurf gefallen lassen, eine Mitschuld an den Massakern in Syrien zu tragen, weil es Damaskus mit Waffen versorge.

Russland hatte sich erneut für eine Einbindung des Iran in eine internationale Syrien-Konferenz ausgesprochen. Den Iran auszuschließen, sei "unüberlegt", erklärte Außenminister Sergej Lawrow. Der Iran sei eines der Länder, das Einfluss auf die syrische Regierung habe.

Der britische Außenminister William Hague schloss ein militärisches Eingreifen des Westens indes nicht mehr völlig aus. "Ich glaube nicht, dass wir irgendetwas ausschließen können", sagte er in der BBC. "Aber es ist nicht so sehr wie in Libyen im vergangenen Jahr, wo wir erfolgreich interveniert haben, um Leben zu retten", sagte er. "Es sieht mehr aus wie in Bosnien in den 90ern."

Militär von Rebellen zurückgeschlagen

Syrische Rebellen eroberten nach Angaben der Opposition eine Luftabwehrstellung der syrischen Streitkräfte. Dabei seien einige Soldaten des Luftabwehrbataillons in der Provinz Homs desertiert, berichtete das Syrische Beobachtungszentrum für Menschenrechte in London. Von unabhängiger Seite war eine Überprüfung des Berichts nicht möglich. Syrische Truppen beschossen in der Provinz Homs am Sonntag erneut Stellungen der Rebellen. Dabei wurden der Opposition zufolge 19 Menschen getötet.

Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London erlitten die Assad-Truppen im Gebiet von Heffa in der Küstenprovinz Lattakia schwere Verluste bei Kämpfen mit hunderten Rebellen. Die Zahl der Toten seit dem Beginn der Revolte Mitte März 2011 gab die Beobachtungsstelle mit mindestens 14.115 an.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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