Politik

Wirrwarr & Themen-Hopping SPD-Spitzen kritisieren Schröder

Der Unmut über den Kurs der rot-grünen Bundesregierung wächst - auch in der eigenen Reihen. Erstmals äußerten sich führende SPD-Landespolitikern vorsichtig kritisch über den Führungsstil von Bundeskanzler und Parteichef Gerhard Schröder.

Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis bemängelte eine fehlende einheitliche Linie der Regierung. Simonis sagte im Deutschlandfunk: "Es ist schon manchmal überraschend, was da nun alles von einzelnen Kabinettsmitgliedern auf den Tisch kommt."

Die hessische SPD hat nach den Worten ihres Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl, Gerhard Bökel, in den vergangenen zwei Wochen sehr unter dem "Gegenwind" aus Berlin gelitten. Er habe Schröder aufgefordert, jetzt alle notwendigen Entscheidungen auf den Tisch zu legen und den "Prozess der Meinungsfindung" in der Koalition zu beenden, sagte Bökel der "Berliner Zeitung".

Der bayerische SPD-Vorsitzende Wolfgang Hoderlein kritisierte ein "tägliches Themen-Hopping". Der rechte "Seeheimer Kreis" in der SPD forderte die Parteispitze auf, der Partei nun zügig zu vermitteln, "wohin die Reise gehen soll".

Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) räumte Fehler bei der Präsentation von Gesetzen ein.

SPD-Spitze plant Gegenoffensive

Die SPD-Spitze will die miese Stimmung in der Bevölkerung nun mit einer Gegenoffensive herumreißen. Generalsekretär Olaf Scholz kündigte Flugblattaktionen und die Mobilisierung von Spitzenpolitikern an. Angesichts der wichtigen Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen am 2. Februar, komme es jetzt vor allem darauf an, der Bevölkerung überzeugend zu erklären, "dass unser Weg der Modernisierung richtig ist".

Nach einer Befragung des Bonner dimap-Instituts im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) würden nur noch 30 Prozent die SPD wählen - das sind zwei Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche und 8,5 Punkte weniger als bei der Bundestagswahl am 22. September. Dagegen kann die Union einen regen Zugewinn an Stimmen verzeichnen: Sie kommt nun auf 48 Prozent.

Untersuchungsausschuss wegen Wahlbetrugs

In dem von der Union angekündigten Untersuchungsausschuss wegen Wahlbetrugs sieht die SPD-Spitze ein geeignetes Instrument, um die eigene Anhängerschaft wieder zu motivieren. In der Parteizentrale hätten sich zahlreiche Mitglieder gemeldet, die erklärt hätten, "mit dieser hysterischen Kampagne überzieht die Union endgültig", sagte Scholz. Ähnliche Signale gebe es aus dem Lager der Wirtschaft und von den Gewerkschaften.

Schröder rechnet mit Mehrheit

Bundeskanzler Gerhard Schröder rechnet trotz Unions-Kritik mit einer Mehrheit im Bundesrat für die Steuerpläne seiner Regierung. Wenn der Pulverdampf nach den Wahlen in Hessen und Niedersachsen verraucht sei, werde es "zu einer sehr rationalen Diskussion im Bundesrat kommen", sagte Schröder am Mittwochabend im Fernsehsender RTL.

Radikalkur nach Erster Hilfe

Deutschland braucht nach Ansicht von Grünen-Chef Fritz Kuhn eine "Radikalkur ". Die wirtschaftliche Lage sei "katastrophal", dem Land stünden "bittere Jahre" bevor, sagte Kuhn bei einer Parteiveranstaltung in Frankfurt am Main. Die Notprogramme der rot-grünen Bundesregierung seien zwar "Erste Hilfe". Notwendig seien aber tiefe Einschnitte, vor allem in den Sozialsystemen, die grundsätzlich umgebaut werden müssten.

Quelle: ntv.de

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