Jein zum "Deutschlandfonds" SPD-Vorstoß nicht chancenlos
28.06.2007, 09:27 UhrTrotz Kritik aus der Wirtschaft hat der SPD-Vorstoß für eine Stärkung der Mitarbeiterbeteiligung Chancen auf Umsetzung in der großen Koalition. Nach Auffassung von CSU-Chef Edmund Stoiber gehen die Vorstellungen des Koalitionspartners in die richtige Richtung. Allerdings halte er es "für attraktiver, wenn Arbeitnehmer am eigenen Unternehmen beteiligt sind als an einem anonymen Fonds", sagte Stoiber der Zeitung "Die Welt". Er sehe aber große Chancen dafür, dass die große Koalition die Beteiligung von Mitarbeitern an ihren Unternehmen stärker fördern werde. "Der Investivlohn wird und muss in der großen Koalition kommen."
Der SPD reicht die bisher in der Union befürworte steuerliche Förderung von Investivlöhnen nicht aus. Der Fachverband BVI begrüßte die Idee don SPD-Chef Kurt Beck, einen Deutschlandsfonds zu gründen, an dem sich die Arbeitnehmer beteiligen können. Der DIHK warnte dagegen vor mehr Bürokratie und Einfluss der Gewerkschaften.
Genau wie die SPD wolle die Union, dass Arbeitnehmer sich gegen Risiken absichern könnten, sagte Stoiber weiter. Der CSU schwebe vor, dass Arbeitnehmer zunächst bis zu 500 Euro im Jahr für Investivlöhne steuerfrei gestellt bekämen. "Das ist deutlich mehr als die SPD will." Neben dieser Steuerfreiheit solle der Investivlohn von Sozialabgaben befreit sein.
Die SPD hatte ein Modell vorgeschlagen, dass für Arbeitnehmer die Möglichkeit der indirekten Kapitalbeteiligung an ihrer Firma schafft. Gefördert durch den Staat und das Unternehmen sollen sie Anteile an dem Fonds kaufen, der das eingesammelte Geld unter anderem auch ihrer Firma zum Beispiel als eigenkapitalähnliches Darlehen zur Verfügung stellt. Die Erträge fließen zurück an die Fondseigner. Da sich der Fonds an vielen Firmen beteiligen soll, wäre das Risiko eines Totalverlustes bei einer Pleite ausgeschaltet.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil erläuterte bei n-tv, dass zwischen 2001 und 2006 die Einkünfte aus Kapital um 34 Prozent gestiegen sind – die aus Erwerbsarbeit aber nur um zwei Prozent. Deshalb sei es konsequent, zusätzlich zu dem, was es über Tarifentwicklungen gibt, Beteiligungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer zu entwickeln. Die Kritik einiger an dem SPD-Modell habe "eher was mit dem Neid zu tun, nicht eher auf die Idee gekommen zu sein"
Union präsentiert eigenes Modell
Aus der Union kamen auch kritische Stimmen. Der Vorsitzende des Mittelstandskreises der Union, Michael Fuchs, nannte das SPD-Konzept ein bürokratisches Monster und typisch für die Sozialdemokraten. "Irgendeine riesige Fondsgesellschaft wird geschaffen - möglichst unter staatlicher Kontrolle." Der Vizevorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Gerald Weiß, meinte, im Vordergrund müsse die Beteiligung am eigenen Betrieb stehen.
Die Union will am Freitag ein eigenes Konzept präsentieren. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" sieht dieses neben der von Stoiber angekündigten Beteiligung von Arbeitnehmern an ihren Unternehmen mit bis zu 500 Euro pro Jahr vor, dass die Beschäftigten weitere 500 Euro pro Jahr aus ihrem Einkommen oder aus Gewinnbeteiligungen in Firmenanteile umwandeln können. Auf diesen Betrag, der nachgelagert besteuert werde, sollten aber Sozialbeiträge anfallen.
SPD: Bisherige Modelle kompliziert und teuer
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz sagte, der Union werde wohl wenig mehr einfallen als eine neue Steuersubvention. Die würde das Problem aber nicht lösen, dass von den bisherigen Möglichkeiten zur Beteiligung in Firmen, die keine Aktien ausgeben könnten, kaum Gebrauch gemacht werde. Die bisherigen Wege seien zu kompliziert und zu teuer.
Laut Scholz war in die Überlegungen der SPD-Arbeitsgruppe auch das Bundesfinanzministerium einbezogen gewesen. Die steuerliche Förderung werde etwa 210 Millionen Euro kosten. Ein Ministeriumssprecher erklärte, Minister Peer Steinbrück (SPD) unterstütze die Überlegungen. Der Fonds könne helfen, die Eigenkapitalbasis mittelständischer Betriebe zu verbessern.
DIHK: "Eine Art Kapitalsammelstelle"
In Wirtschaft und Wissenschaft ebbte die Kritik dagegen nicht ab. DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun hält nichts davon, dass es "wieder eine Art Kapitalsammelstelle gibt, die in irgendeiner Weise von irgendeiner Hand administriert werden muss". Er warnte, der Fonds könne in Börsengesellschaften, die schon mitbestimmt seien, eine zusätzliche Machtverschiebung zu Gunsten der Arbeitnehmerseite erreichen, wenn er einen Vertreter in den Aufsichtsrat schicke.
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", der Fonds sei "nichts anderes als eine staatlich subventionierte und staatlich abgesicherte Geldanlage für einen Aktienfonds". Der Präsident des Hamburger Instituts HWWI, Thomas Straubhaar, lobte die Idee dagegen in der "Frankfurter Rundschau", weil das Risiko eines Totalausfalls durch den indirekten Weg entfalle.
Quelle: ntv.de