"Soll ich Soldaten schicken?" SPD machtlos gegen Ypsilanti
08.09.2008, 11:11 UhrRechtsruck in der SPD? Der sich zuletzt als Linker verstehende Kurt Beck ist weg, mit Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering übernehmen nicht nur Agenda-Befürworter, sondern die Architekten der Agenda 2010 das Ruder bei den Sozialdemokraten. Doch am Links-Kurs der hessischen SPD wird das nichts ändern.
Führende Politiker der SPD zeigten sich am Tage nach dem Machtwechsel machtlos, wenn es um das Begehren der hessischen Landeschefin Andrea Ypsilanti geht, sich mit Hilfe der Links-Partei zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen.
Der SPD-Fraktionschef und frühere Verteidigungsminister Peter Struck erklärte, die Parteispitze habe keine weiteren Möglichkeiten, den hessischen Landesverband von seinem Vorhaben abzubringen. "Soll ich meine ehemaligen Soldaten dahinschicken, um Andrea Ypsilanti daran zu hindern, das zu machen? Das geht einfach nicht", sagte Struck.
Ypsilanti selbst bekräftigte, die Veränderung an der SPD-Spitze hätten für sie keine Auswirkungen. Die Entscheidung über eine rot-grüne Minderheitsregierung mit verlässlicher Unterstützung der Linken fälle der Landesparteitag am 4. Oktober. "Wir sind auf gutem Weg", sagte Ypsilanti.
Junge SPD-Frauen stützen Ypsilanti
SPD-Vize-Chefin Andrea Nahles erklärte, das Thema sei abschließend geklärt. "Das ist jetzt durchgerungen", sagte sie bei n-tv. Auf die Frage, ob Müntefering den Links-Kurs der Hessen mittrage, sagte sie: "Auf jeden Fall". Ganz so entspannt sieht es Juso-Chefin Franziska Drohsel nicht. Sie warnte ihre Parteifreunde davor, Ypsilanti "in den Rücken zu fallen". Selbst wenn Kanzlerkandidat Steinmeier der hessischen SPD-Chefin davon abraten sollte, mit Hilfe der Linken Ministerpräsidentin zu werden, sehe sie keine Notwendigkeit, einer solchen Bitte zu folgen, sagte Drohsel im ZDF. "Der Kanzlerkandidat ist an den Beschluss des Parteivorstandes gebunden".
Man kann Ypsilanti nicht zwingen
Auch der Parteienforscher Oskar Niedermayer rechnet "mit hoher Wahrscheinlichkeit" damit, dass Ypsilanti ihre Strategie weiter verfolgen wird. "Weder Beck, noch Steinmeier, noch Müntefering können Frau Ypsilanti zwingen, etwas zu tun oder etwas zu lassen. Es ist seit Jahrzehnten gute Tradition in der SPD, dass die Landesverbände selbst über Koalitionen entscheiden", sagte der Berliner Wissenschaftler im Gespräch mit n-tv.de. Die Bundesspitze könne beraten und empfehlen, so viel sie wolle. Letztlich werde aber auch das neue Führungsduo da nichts machen können. Im Übrigen würden auch die anderen Landesverbände eine Nicht-Einmischung durch die Bundesspitze einfordern und sagen: "Das ist unser Bier".
Bitte keine Ratschläge!
Die Linkspartei in Hessen erklärte, sie erwarte von der SPD eine Fortsetzung der Sondierungen für einen gemeinsamen Regierungswechsel. Deshalb begrüße man die Erklärung der hessischen Sozialdemokraten, wonach der Landesverband ungeachtet des Wechsels in der Bundes-SPD am Fahrplan festhalte, sagte Linken-Fraktionssprecher Thomas Klein. Man hoffe, dass die neue SPD-Führung sich nicht in die hessischen Gespräche einmischen und das Regierungsprojekt stoppen werde.
Quelle: ntv.de