Auf und Ab in Brandenburg SPD muss zittern
17.09.2009, 13:28 UhrVor dem Potsdamer Landtag herrscht Gedränge. Da verspricht Angela Merkel, Deutschland "klug aus der Krise" zu führen, fordert Gregor Gysi "Reichtum für alle" und findet Guido Westerwelle, dass sich Arbeit wieder lohnen muss. Mittendrin empfiehlt sich Matthias Platzeck als "Die richtige Wahl für Brandenburg". Die Plakate rund um den Potsdamer Brauhausberg machen deutlich, worum es am 27. September im Land zwischen Elbe und Oder geht: Erstmals sind 2,13 Millionen Brandenburger aufgerufen, gleichzeitig den Bundestag und Landtag zu wählen.

Freie Fahrt für Platzeck und eine weitere Amtszeit als Ministerpräsident?
(Foto: ZB)
So zieht es die einen Kandidaten nach Berlin, die anderen in die frühere kaiserliche Kriegsschule auf dem Brauhausberg, die seit 1991 Sitz des Landesparlaments ist. In Umfragen steigt und fällt derzeit besonders die SPD: Nachdem sie in ihrer ostdeutschen Hochburg schon auf 31 Prozent abgesackt war, lag sie zuletzt wieder bei 34 Prozent, 6 Punkte vor der sie bedrängenden Linken mit 28 Prozent. Bei der Landtagswahl 2004 war der Abstand auf knapp 4 Prozentpunkte geschrumpft (SPD: 31,9; Linke-Vorgängerin PDS: 28,0).
CDU und Linke werben um Koalition mit SPD
Zu dem damaligen wochenlangen Kopf-an-Kopf-Rennen hatte vor allem der aufgeheizte Wahlkampf geführt, in dem die PDS erfolgreich gegen die Sozialgesetze der rot-grünen Bundesregierung Stimmung machte ("Hartz IV ist Armut per Gesetz"). Auch jetzt heißt es auf Plakaten der Linken zwar wieder "Hartz IV abwählen", die Kontrahenten gehen jedoch ungleich sanfter miteinander um - schließlich strebt die Linke erklärtermaßen eine Koalition mit der SPD an.
Das Gleiche beabsichtigt die CDU, die seit zehn Jahren mit den Sozialdemokraten regiert und in Umfragen seit Monaten bei 21 bis 22 Prozent (2004: 19,4) verharrt. Die FDP kommt gegenwärtig auf 7 Prozent (2004: 3,3), die Bündnisgrünen würden mit 4 Prozent Zustimmung den Einzug in den Landtag erneut verpassen (2004: 3,6). Beide kleinen Parteien gehören dem Parlament seit 15 Jahren nicht mehr an.
SPD setzt ganz auf Platzeck
Das Schicksal der SPD hängt einmal mehr an ihrem Spitzenkandidaten Platzeck, dessen Popularität ungebrochen ist. Mit der Arbeit des 55-jährigen Ministerpräsidenten sind mehr als 70 Prozent der befragten Brandenburger zufrieden, sogar deutlich mehr als vor der Wahl 2004. So wünschen sich denn auch fast 50 Prozent eine SPD-geführte Regierung. Auf den Partner will sich Platzeck jedoch erst nach der Wahl festlegen. Seit 2002 sichert der Nachfolger Manfred Stolpes der SPD die Macht in der Potsdamer Staatskanzlei. Insgesamt regiert die SPD schon 19 Jahre in Brandenburg - so lange wie in keinem anderen ostdeutschen Bundesland.
Ein Sieg der Linken auf den letzten Metern ist dennoch nicht auszuschließen. Dann allerdings stünde deren Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser allein auf weiter Flur, da die SPD in einer rot-roten Koalition erklärtermaßen die Rolle des Juniorpartners ablehnt. So hat sich die 49-jährige Fraktionsvorsitzende selbst als Ziel nur 26,6 bis 28 Prozent gesteckt. Kurios: Sollte die Linke am 27. September als Erste durchs Ziel gehen, könnte ausgerechnet die lange Zeit von Machtkämpfen zerrissene CDU mit einer Verlängerung der seit 1999 bestehenden rot-schwarzen Koalition rechnen.
Hoffen auf den "Last-Minute-Effekt"
Einer Ampelkoalition mit FDP und Grünen gibt SPD-Vormann Platzeck mittlerweile keine Chance mehr, da die Grünen nach seiner Einschätzung nicht den Sprung ins Parlament schaffen werden. Mit ziemlicher Sicherheit wird dieses Mal in dem 88-köpfigen Parlament keine rechtsextreme Partei sitzen, denn DVU, NPD und Republikaner liegen derzeit in Umfragen abgeschlagen unter der Fünf-Prozent-Marke.
SPD-Generalsekretär Klaus Ness hofft derweil auf einen "Last- Minute-Effekt": 2004 hätten zehn Prozent der Wähler erst in der letzten Woche vor der Wahl entschieden, wem sie ihre Stimme geben. Und fast trotzig versucht er, der Spitzenkandidatur von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier bei der Bundestagswahl in Brandenburg etwas Gutes abzugewinnen. Daraus habe bislang jedes Bundesland Nutzen gezogen. "Wir werden von Steinmeier profitieren."
Quelle: ntv.de, Ronald Bahlburg, dpa