Selbstanzeige-Regelung soll geprüft werden SPD sagt Steuersündern den Kampf an
04.02.2014, 06:48 Uhr
Erst Alice Schwarzer, dann ein Staatssekretär der SPD - nach dem Bekanntwerden zweier prominenter Fälle fordern führende Sozialdemokraten einhellig, stärker gegen Steuerbetrug vorzugehen. Der Koalitionspartner ist da anderer Meinung.
Die SPD will nach den jüngsten prominenten Fällen den Kampf gegen Steuerbetrug vorantreiben. Die Fälle zeigten, "dass wir die Steuerfahndung dringend intensivieren müssen", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem "Spiegel". "Wir wollen zudem die strafbefreiende Selbstanzeige überprüfen und gegebenenfalls ändern. Wir müssen massiv gegen Steueroasen vorgehen. Sie sind eine akute Bedrohung für Demokratien, die darauf angewiesen sind, ihr Gemeinwesen mit Steuern zu finanzieren."
Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß sagte der "Bild"-Zeitung: "Die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuersünder gehört vom Tisch, weil sie Steuerhinterziehung gegenüber anderen Straftaten privilegiert." Ähnlich äußerte sich Fraktionsvize Hubertus Heil: "Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Wir müssen darüber reden, ob die strafbefreiende Selbstanzeige noch zeitgemäß ist."
"Einfachste und effektivste Form"
Dagegen sagte der Finanzexperte der CDU, Norbert Barthle, der Zeitung: "Wir brauchen die Selbstanzeige, so lange es Steueroasen gibt. Nur so kommt der Staat an das ihm zustehende Steuergeld." Auch Steuerzahlerbund-Präsident Reiner Holznagel sprach sich dafür aus, die Regelung beizubehalten: "Um in die Steuerehrlichkeit zurückzufinden, ist die strafbefreiende Selbstanzeige richtig und sinnvoll. Es ist die einfachste und effektivste Form für den Staat, an hinterzogene Steuern heranzukommen."
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warb hingegen für eine differenzierte Neuregelung der straffreien Steuer-Selbstanzeige: "Bei reuigen Bagatellsündern ist Straffreiheit sinnvoll. Bei Steuerbetrug in großem Stil oder Wiederholungstaten kann man jedoch nicht einfach beide Augen zudrücken", sagte sie der "Bild"-Zeitung.
Warum schwieg Wowereit?
Mit Spannung wird unterdessen die Rücktrittserklärung von Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz von der SPD erwartet, der wegen Steuerhinterziehung in die Kritik geriet. Die Entscheidung zum Rückzug war am Ende schnell gefallen, nachdem die Stimmung in der SPD gekippt war. Den Anstoß gab der Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel: "Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt", betonte er nach einer SPD-Klausur. "Wir haben klar gesagt, dass wir dafür sind, Steuerhinterziehung strenger zu verfolgen und zu bestrafen."
Indes verlangt die Opposition, aber auch der Koalitionspartner CDU Aufklärung darüber, warum der Regierungschef so lange zu der Steuerhinterziehung schwieg. Wowereit wusste seit 2012 von dem Steuerbetrug, ließ Schmitz wegen seines hohen beruflichen Ansehens aber im Amt, wie Senatssprecher Richard Meng sagte.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit muss nun zunächst die Nachfolge von Schmitz regeln. Er verantwortet neben seinem Amt als Stadtoberhaupt seit 2006 auch das Kulturressort - der Kultur-Staatssekretär hielt ihm den Rücken frei und leitete das Alltagsgeschäft.
Quelle: ntv.de, fma/dpa