Politik

"Rennen nicht gelaufen" SPD spricht Hessen Mut zu

Der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering hat den hessischen Sozialdemokraten volle Unterstützung bei der vorgezogenen Landtagswahl in gut zwei Monaten zugesichert. Das Rennen für den CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch sei noch längst nicht gelaufen, erklärte der Parteichef bei einem Auftritt mit dem neuen hessischen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel in Berlin.

Er sei sicher, dass die SPD in Hessen besser abschneiden werde, als manche in "schaler Vorfreude" jetzt glaubten, sagte Müntefering. Mit ihrem Programm könnten die hessischen Parteifreunde unverändert die Menschen erreichen. Koch bleibe zudem für viele Wähler in Hessen unverändert "eine Reizfigur", auch wenn der CDU-Politiker derzeit "die Backen voll Kreide" habe.

Keine Folgen für Bund

Bundespolitisch erwartet Müntefering durch die vorgezogene Hessen-Wahl am 18. Januar 2009 unabhängig vom Ausgang keine größeren Auswirkungen. Wie sich bei der Finanzkrise gezeigt habe, seien die "Marktradikalen" gerade erst "grandios gescheitert". Auch deshalb sei eine schwarz-gelbe Mehrheit bei der Bundestagswahl im September nicht in Sicht.

Nach den Worten von Schäfer-Gümbel hat die Hessen-SPD aus den Fehleinschätzungen der vergangenen Monate gelernt. Es sei sicher ein "großer Fehler" gewesen, eine Tolerierung durch die Linkspartei vor der Wahl im vorigen Januar auszuschließen, sagte der Landtagsabgeordnete nach Beratungen mit den SPD-Spitzen. Er erhoffe sich Unterstützung im Wahlkampf durch die gesamte Bundesführung einschließlich der Kabinettsmitglieder in Berlin.

Der hessische SPD-Politiker ließ zuvor eine Zusammenarbeit mit der Linken nach der Neuwahl im Januar ebenso offen wie eine Koalition mit der CDU. "Es wird keinen Ausschluss irgendeiner Option geben", sagte Schäfer-Gümbel im Deutschlandfunk. "Das bezieht übrigens auch eine große Koalition mit ein." Er habe bis zum Wahltermin am 18. Januar nur 69 Tage Zeit und werde sich bis dahin ausschließlich auf den Wahlkampf konzentrieren.

Eigene Fußstapfen hinterlassen

Schäfer-Gümbel will nach eigenen Angaben kein Kandidat nur für ein paar Wochen sein. Er sei nur unter der Bedingung angetreten, dass ein "langfristiger Generationswechsel" eingeleitet werde, sagte er dem "Tagesspiegel". Der Ypsilanti-Vertraute wies Vorwürfe zurück, er werde lediglich die Politik seiner Parteichefin umsetzen. Als Spitzenkandidat habe er sowohl bei inhaltlichen als auch bei personellen Fragen ein Vorrecht, sagte er der "Frankfurter Rundschau". "Ich beabsichtige, meine eigenen Fußstapfen zu hinterlassen."

Streit in SPD beenden

Zu Forderungen nach einem Parteiausschluss für die vier Abgeordneten, die der hessischen SPD-Chefin Andrea Ypsilanti vor einer Woche die Zustimmung zur Wahl als Ministerpräsidentin verweigert hatte, sagte Schäfer-Gümbel: "Das ist Vergangenheit." Klar sei aber auch, dass dieses Verhalten ein "eklatanter Regelbruch" gewesen sei. Ypsilanti hatte vor der Berliner SPD-Spitze ihre Gründe dafür erläutert, auf die Spitzenkandidatur zu verzichten.

Die hessische SPD-Landtagsfraktion will künftig nicht mehr mit den vier Abweichlern zusammen tagen. Man habe sie schriftlich gebeten, bis zum Ende der Wahlperiode den Fraktionssitzungen fernzubleiben, teilte ein SPD-Sprecher in Wiesbaden mit. Es habe keinen Sinn mehr, sie für die SPD sprechen zu lassen.

Linke bleibt paarungswillig

Die Linke ist grundsätzlich dazu bereit, nach einer Neuwahl in Hessen mit der SPD zusammenzuarbeiten. "Wenn es denn so sein sollte, dass die SPD mit anderen und mit uns eine Abwahl von Roland Koch betreiben will, dann wird die Linke auch dafür bereit sein", sagte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch der ARD.

Koch will Schwarz-Gelb

Hessens Ministerpräsident Roland Koch strebt bei der Neuwahl eine schwarz-gelbe Koalition an und will damit ein Zeichen für die Bundestagswahl 2009 setzen. "Natürlich hoffe ich, mit einem Ergebnis für eine bürgerliche Mehrheit in Hessen auch anderen ein Signal geben zu können", sagte der CDU-Vize vor einer Sitzung des Parteipräsidiums in Berlin. "Die SPD sagt ganz deutlich: auch nach einer nächsten Wahl wieder mit der Linkspartei." Gegenüber dem "Spiegel" kritisierte er, die SPD-Bundesspitze habe den Wortbruch Ypsilantis tatenlos hingenommen, nicht mit der Linken zusammenzugehen. Zwischen Union und Grünen in Hessen seien manche Gräben zugeschüttet worden, sagte Koch.

"Echter Neustart"

Die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel appellierte an die SPD, eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei weniger dogmatisch zu sehen. Die Jugendorganisationen beider Parteien hätten keine Berührungsängste mehr und arbeiteten zusammen, sagte sie dem Deutschlandradio Kultur. Jetzt sei es wünschenswert, wenn auch die Mutterparteien Kooperationen undogmatischer sähen. Der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, sprach in den "Ruhr Nachrichten" von einem "echten Neustart" mit Schäfer-Gümbel. Der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement forderte in der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" dagegen ein Ende des "Spuks einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei".

Quelle: ntv.de

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