Steigende Energiepreise SPD will "Bündel" schnüren
05.06.2008, 21:46 UhrZur Entlastung einkommensschwacher Haushalte wird in der SPD die zwangsweise Einführung von Sozialtarifen bei Strom, Gas oder Fernwärme geprüft. Damit befasse sich zur Zeit eine Arbeitsgruppe, sagte der Vizevorsitzende der Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber.
Angesichts der gestiegenen Energiekosten-Lasten gerade für sozial schwache Menschen werde voraussichtlich ein "Bündel von Maßnahmen geschnürt". Dazu gehöre auch die Wiedereinführung der steuerlichen Entfernungspauschale vom ersten Kilometer an mit Hilfe einer nur noch begrenzten steuerlichen Absetzbarkeit von Sprit in Dienstwagen. Überlegt würden auch spezielle Fördermaßnahmen für die Wärmedämmung von Miethäusern oder den Kauf energiesparender Geräte.
"Ich bin sicher, dieses Thema wird im Herbst einen großen Stellenwert in der Sozialdemokratie haben", sagte Kelber. "Wir können die Menschen nicht allein lassen, wenn nach der Sommerpause erneut die Gaspreise anziehen werden." SPD-Chef Kurt Beck habe den Sozial-Energietarif kürzlich auf dem Nürnberger Zukunftskongress bereits für gut befunden.
Wer mehr verbraucht soll mehr zahlen
Ausgehend von einem durchschnittlichen Stromverbrauch eines Vier-Personen-Haushalts von 3500 Kilowattstunden (KWh) im Jahr könne man sich einen sozial gestaffelten Tarif in etwa so vorstellen: Ab 2500 KWh Verbrauch werde man im Vergleich zu heute draufzahlen müssen, bei 1000 sei schon etwas einzusparen und bei 500 KWh vielleicht 100 Euro. "Wer mehr als der Durchschnitt verbraucht, muss mehr zahlen, wer weniger verbraucht, hat einen niedrigeren Tarif."
Die soziale Wirkung eines solchen Tarifs komme auch dadurch zustande, dass der Energieverbrauch bekanntermaßen mit dem Einkommen steige. Andererseits sei der Energiekosten-Anteil am jeweiligen Einkommen gerade bei den sozial schwachen Gruppen noch sehr hoch. Die Festlegung eines Sozialtarifs sei rechtlich nicht anfechtbar, da er der Daseinsvorsorge diene, sagte der SPD-Politiker. Verpflichtend sein müssten solche Tarife für alle Energieversorger, "sonst sind die Stadtwerke für die sozial schwachen Kunden zuständig und der Privatanbieter X profitiert nur von lukrativen Kunden".
Um Geld für die kostspielige Wiedereinführung der Pendlerpauschale vom ersten Kilometer an zu bekommen, solle die geringere steuerliche Absetzbarkeit für Dienstwagen einiges bringen. So wie von 2012 an EU-weit der Durchschnittsverbrauch von Autos etwa 5,4 Liter pro 100 Kilometer betragen solle, könne man dies auch als Verbrauchsgrenze für die Absetzbarkeit von Dienstwagen-Sprit verstehen. "Drei Viertel aller zugelassenen Geländewagen in Berlin sind Dienstwagen. Aber soviele Förster und Landwirte gibt es in der Stadt nicht."
37.900 Euro Steuerrückzahlungen für einen Porsche Cayenne S
Die Deutsche Umwelthilfe hatte erst am Donnerstag ein Ende der Steuersubventionen für spritfressende Dienstwagen gefordert. "Das Dienstwagen-Privileg für Klimakiller muss jetzt fallen, damit die deutschen Hersteller endlich Autos bauen, die die Welt verträgt", verlangte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.
Nach Angaben der DUH gibt es derzeit für einen Porsche Cayenne S mit einem Listenpreis von 67.681 Euro über sechs Jahre hinweg eine Subvention von bis zu 37.900 Euro in Form von Steuerrückzahlungen. Der Cayenne Turbo S für 132.774 Euro nach Liste und 500 PS werde mit bis zu 74.400 Euro gefördert, der Audi Q7 mit 326 PS und einem Listenpreis von 71.000 Euro mit bis zu 39.800 Euro.
"In keinem anderen Staat der Erde fördert die Regierung aktiv den Kauf von Spritfressern", kritisierte Resch. "Solange Deutschland diese Praxis nicht beendet, ist die Glaubwürdigkeit im Klimaschutz dahin." Ab 2009 sollten deshalb nur noch Kosten für Dienstwagen steuerlich absetzbar sein, die den EU-Zielwert von 140 Gramm Kohlendioxid je Kilometer einhielten, forderte der Umweltverband.
Die Bundesregierung hatte Einschnitte beim Dienstwagen-Privileg bereits 2007 erwogen, aber verworfen. Resch begründete den neuerlichen Vorstoß mit dem seitdem stark gestiegenen Ölpreis. Die Steuersubvention nütze auch der Autoindustrie nichts, weil sie mit falscher Modellpolitik ins "Niemandsland der Weltmärkte" gesteuert werde.
Quelle: ntv.de