Wird Rentendebatte vertagt? SPD will erst 2020 streiten
29.10.2012, 11:41 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Parteilinke der SPD fordert, das Rentenniveau bei 50 Prozent zu belassen. Der designierte Kanzlerkandidat warnt vor nicht finanzierbaren Wahlversprechen. Müssen sich die Linken fügen? Oder muss Steinbrück im Wahlkampf für ein Programm stehen, das er nicht glaubhaft vertreten kann? Ein Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen liefert einen Kompromiss.
Die SPD will sich über das Rentenniveau streiten – aber erst 2020. So oder so ähnlich könnte man den Kompromiss zusammenfassen, der sich beim Thema Altersvorsorge bei den Sozialdemokraten abzeichnet. Bisher standen sich in der Partei zwei kaum vereinbare Positionen gegenüber. Ein Leitantrag des Landesverbandes aus Nordrhein-Westfalen liefert nun eine Alternative.
Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück forderte bisher, nichts zu beschließen, was die Partei in Regierungsverantwortung nicht auch einlösen könne. Sprich: Ein Rentenniveau für die nächsten Jahrzehnte auf 50 Prozent festzulegen, hält er für nicht finanzierbar.
Die Forderung der Parteilinken lautete dagegen: Die SPD müsse die geplante Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent im Jahr 2030 verhindern.
Vorschlag mit Vorteilen
Die Sozialdemokraten aus Nordrhein-Westfalen setzen sich nun nach Angaben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" dafür ein, das derzeitige Rentenniveau (50,4 Prozent) bis 2020 beizubehalten. Ein Vorschlag mit etlichen Vorteilen: Die Sozialdemokraten müssen nicht mit einem Rentenstreit in die heiße Phase vor der Bundestagswahl 2013 gehen. Und Steinbrück kann das Programm der SPD als Kanzlerkandidat auch beim Thema Rente glaubhaft vertreten. Der Konflikt wäre auf 2020 verschoben.
Die Rot-Grüne Koalition hatte 2002 angesichts der demografischen Entwicklung entschieden, dass eine künftige Bundesregierung einschreiten müsse, wenn das Rentenniveau bis 2020 unter 46 und bis 2030 unter 43 Prozent sinkt. Ein Absinken unter die 50-Prozentmarke ließ diese Regelung zum Ärger der Parteilinken damit zu.
Steinbrück reagiert kompromissbereit
Eigentlich wollte die Partei sich schon im September einigen, ob es dabei bleibt. Angesichts des heftigen Streits verschob der Vorstand eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen beim Rentenniveau aber auf den Parteikonvent im November.
Kurz nachdem der Leitantrag der SPD aus Nordrhein-Westfalen die Runde machte, zeigten sich Steinbrück und Parteichef Sigmar Gabriel in der ARD zumindest entgegenkommend. Sie sprachen sich dafür aus, das Rentenniveau in den nächsten Jahren möglichst zu erhalten. "Wir wollen es weder zu den 46 noch zu den 43 Prozent kommen lassen", sagte Gabriel. Erreichen will Gabriel das über höhere Löhne. Besonders bei jungen Beitragszahlern sei wichtig, "dass die Löhne etwas stärker wachsen, als die Renten", so Gabriel.
Da das Rentenniveau der Prozentsatz vom aktuellen Durchschnittseinkommen ist, den ein Durchschnittsverdiener nach 45 Jahren Beitragszahlung als Rente erhält, widerspricht der Vorschlag Gabriels - ein schnellerer Anstieg der Löhne im Verhältnis zur ausgezahlten Rente - allerdings dem Leitantrag aus Nordrhein-Westfalen, der laut "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" zumindest mittelfristig ein eingefrorenes Rentenniveaus von 50,4 Prozent fordert.
Der rechte Parteiflügel sprach sich unterdessen strikt gegen ein derartiges Einfrieren aus. Eine solche Maßnahme müsse entweder aus Steuern oder über Beitragserhöhungen gegenfinanziert werden, sagte der Sprecher des konservativen "Seeheimer Kreis", Johannes Kahrs, im SWR-Hörfunk.
Quelle: ntv.de, ieh