Politik

Feste Instanz soll das letzte Wort haben SPD will mehr Kontrolle bei V-Mann-Auswahl

Es dürfe nie wieder passieren, dass Geheimdienste mit verurteilten Gewalttätern kooperiere, sagte Högl.

Es dürfe nie wieder passieren, dass Geheimdienste mit verurteilten Gewalttätern kooperiere, sagte Högl.

(Foto: dpa)

Zehn Menschen sollen die Mitglieder des NSU getötet haben. Die meisten Opfer waren Migranten. Die Ermittlungen kommen lange nicht voran. Fragwürdig ist dabei auch die Rolle von Informanten aus der rechten Szene. Die SPD fordert darum Konsequenzen.

Als Konsequenz aus den Ermittlungsfehlern im Fall "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) fordert die SPD eine feste Kontrollinstanz für die Auswahl von V-Leuten der rechten Szene. Immer wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz einen neuen solchen Informanten anwerbe, müsse die sogenannte G-10-Kommission dafür vorher grünes Licht geben, verlangte die SPD-Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages, Eva Högl. Die Kommission müsse regelmäßig über den Einsatz informiert werden und auch alle bereits aktiven V-Leute überprüfen.

Beate Zschäpe muss sich derzeit vor Gericht verantworten. Sie gilt als das einzige überlebende mutmaßliche Mitglied der Terrorzelle.

Beate Zschäpe muss sich derzeit vor Gericht verantworten. Sie gilt als das einzige überlebende mutmaßliche Mitglied der Terrorzelle.

(Foto: dpa)

Die G-10-Kommission des Deutschen Bundestages ist ein Kontrollgremium, das alle Eingriffe in das Post- und Fernmeldegeheimnis durch Geheimdienste - also etwa Abhöraktionen - überwacht. Außerdem stattet die Kommission den Nachrichtendiensten Kontrollbesuche ab und nimmt Beschwerden von Bürgern entgegen. Högl verlangte zudem neue Ermittlungsroutinen bei der Polizei und zusätzliche Befugnisse für die Bundesanwaltschaft. Die SPD will diese Forderungen in den Abschlussbericht des NSU-Ausschusses einbringen.

Dem NSU werden zwischen den Jahren 2000 und 2007 zehn Morde zur Last gelegt - überwiegend an Migranten. Polizei und Nachrichtendienste waren der Gruppe jahrelang nicht auf die Spur gekommen. Sie flog erst Ende 2011 auf. Die einzige Überlebende des Trios, die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe, steht derzeit in München vor Gericht.

Raus aus der Grauzone

Im Fall NSU hatten V-Männer des Verfassungsschutzes eine zwielichtige Rolle gespielt. Teilweise kooperierte der Geheimdienst mit verurteilten Straftätern aus der rechten Szene; einer hatte wegen versuchten Mordes an einem Ausländer im Gefängnis gesessen. Högl mahnte, so etwas dürfe nie wieder passieren. Der Staat dürfe nicht Leuten zusammenarbeiten, die etwa wegen Gewaltdelikten vorbestraft seien. Nötig seien klare Regeln für die Auswahl, Führung und Kontrolle dieser Quellen.

V-Leute sind Mitglieder der Szene, die aus unterschiedlichen Gründen, etwa finanziellen Interessen, Erkenntnisse aus ihrem Umfeld dem Verfassungsschutz preisgeben. Die Geheimdienstler schweigen zu der Frage, mit wie vielen solcher Informanten sie kooperieren.

"Der Verfassungsschutz muss grundlegend reformiert werden. Er muss raus aus der Grauzone", forderte Högl. Der Geheimdienst müsse sich mehr nach außen öffnen und mehr Informationen an andere Behörden, aber auch an Organisationen weitergeben. Nötig sei ein neues Denken.

Mehr Migranten zur Polizei und zum Verfassungsschutz

Auch die Polizei brauche einen Mentalitätswechsel; Vorurteile müssten dort abgebaut werden. "Im Fall NSU hat die Polizei immer in eine Richtung gedacht", beklagte die SPD-Politikerin. Ein rechtsextremer Bezug der Verbrechen sei komplett ausgeblendet worden. Högl forderte Änderungen in der Polizeiausbildung und eine Pflicht für die Beamten, bei schweren Straftaten gegen Migranten routinemäßig zu prüfen, ob rassistische Motive dahinterstecken.

Außerdem müssten Polizei und Verfassungsschutz deutlich mehr Menschen aus Zuwandererfamilien einstellen. "Unsere Sicherheitsbehörden müssen bunter werden. Sie müssen die Gesellschaft widerspiegeln." Auch in der Justiz sei einiges zu tun. Die Bundesanwaltschaft brauche beispielsweise mehr Befugnisse, um bestimmte Fälle an sich ziehen oder länderübergreifende Straftaten einer einzelnen Staatsanwaltschaft zuweisen zu können.

Der NSU-Ausschuss hatte Anfang 2012 begonnen, die Verbrechen der Terrorzelle und die Ermittlungspannen in dem Fall aufzuarbeiten. Derzeit arbeiten die Ausschussmitglieder an ihrem Abschlussbericht, über den der Bundestag Anfang September beraten soll.

Quelle: ntv.de, hah/dpa

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