Wahlen in Österreich SPÖ und ÖVP können weiterregieren
29.09.2013, 17:34 Uhr
Kanzler Werner Faymann sagt "Danke".
(Foto: dpa)
So gerade eben erreicht die amtierende Koalition in Österreich erneut die absolute Mehrheit. Doch die Stimmenanteile der regierenden Parteien SPÖ und ÖVP sinken auf historische Tiefststände ab. Die rechtspopulistische FPÖ wird hingegen stärker und feiert sich als großen Sieger.

Werner Faymann (l.) bei der Stimmabgabe mit seiner Frau Martina. Der SPÖ-Politiker wird voraussichtlich österreichischer Bundeskanzler bleiben.
(Foto: REUTERS)
Die Luft wird dünn für die fast schon traditionelle große Koalition in Österreich. Zwar retten die sozialdemokratische SPÖ und die konservative ÖVP mit etwas mehr als 50 Prozent nach ersten Prognosen ganz knapp die absolute Mehrheit und wollen weitermachen. Doch die von Korruptionsskandalen und Stillstand genervten Wähler haben ihnen einen Denkzettel verpasst: SPÖ und ÖVP liegen mit 27 und 23 Prozent auf ihrem historischen Tiefstand. Die Hälfte der Österreicher wünscht sich damit Alternativen zum Bestehenden - sei es der Euro oder das Bildungssystem.
Nach Auszählung von mehr als 70 Prozent der Stimmen ergaben Hochrechnungen für die SPÖ einen Stimmenanteil von 27,1 Prozent, das ist ein Stimmenrückgang im Vergleich zu 2008 um 2,2 Prozentpunkte. Die ÖVP muss demnach Einbußen um ebenfalls rund 2,2 Prozentpunkte verbuchen und kommt auf 23,8 Prozent. Für beide österreichischen Volksparteien sind dies die schlechtesten Wahlergebnisse seit 1945. Dennoch erreichten die beiden Regierungsparteien den vorläufigen Angaben zufolge die absolute Mehrheit der Stimmen und werden damit im neuen Nationalrat eine deutliche Mehrheit von 99 der 182 Sitze innehaben.

Rechtspopulist Heinz-Christian Strache von der FPÖ bejubelt das gute Wahlergebnis seiner Partei.
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Den Regierungsparteien dicht auf den Fersen ist mit starken Zugewinnen die rechte FPÖ, für die mehr als jeder fünfte Österreicher stimmte. Sie ist deutlicher Wahlsieger des Abends: Mit mehr als 20 Prozent sind die Rechten aktuell wieder so stark, wie sie zuletzt Mitte der 1990er Jahre unter Jörg Haider waren. Das Konzept, bei gleichen Botschaften weniger aggressiv und staatsmännischer - und damit für mehr Menschen wählbar - aufzutreten, ging für Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache auf. Die Fremdenfeindlichkeit kaschierte auf Plakaten der Slogan "Liebe deinen Nächsten". Erst der Nachsatz "Für mich sind das unsere Österreicher", machte die Stoßrichtung klar. Nach Hochrechnungen kam die FPÖ auf 21,4 Prozent der Stimmen und 42 Sitzen. Inwiefern man bei diesen Mehrheitsverhältnissen von einer Großen Koalition sprechen kann, sei dahin gestellt. Bei drei in etwa gleich starken Parteien würde eine große Koalition auch aus diesen drei Parteien bestehen, argumentieren Kritiker.
Stronach lässt Parteifreunde alleine feiern
Trotz Rekordausgaben für den Wahlkampf blieb der 81-jährige Milliardär Frank Stronach mit knapp sechs Prozent unter den Erwartungen. Seine neue Partei Team Stronach kommt zwar nach den Prognosen knapp in den Nationalrat. Anfangs gute Zustimmungswerte verspielte der Gründer des Autoteilezulieferers Magna jedoch mit konfusen und selbstherrlichen Auftritten im Wahlkampf. Seine Anhänger ließ der erfolgverwöhnte Milliardär am Sonntag kurzerhand alleine feiern.
Stronach und die Rechten eint eine sehr Euro-kritische Haltung, wovon sich nach dem Ergebnis fast 30 Prozent der Österreicher angesprochen fühlten. Mit der Euro-Krise begründete die SPÖ in ihrer ersten Reaktion auch ihr historisch schlechtestes Ergebnis, das sie in einen Erfolg umzudeuten versuchte: "Es überwiegt die Freude, dass wir Erster sind", sagte Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos. Während der Krise seien in Europa 20 von 24 Regierungen abgewählt worden, doch die Sozialdemokraten in Österreich hätten sich behauptet.
Große Koalition regiert seit 2008
Auch die liberale Neugründung NEOS übersprang die Vier-Prozent-Hürde und zieht damit ebenfalls ins Parlament ein. An der Vier-Prozent-Hürde scheiterte hingegen das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), das sich 2005 unter der Führung des 2008 tödlich verunglückten Populisten Jörg Haider von der FPÖ abgespalten hatte.
Die große Koalition regiert Österreich seit 2008. Vorab war nicht ausgeschlossen worden, dass sie dieses Mal die absolute Sitzmehrheit im Wiener Parlament knapp verfehlen würde. In diesem Fall hätten sich die beiden Volksparteien erstmals einen dritten Koalitionspartner suchen müssen. Die beiden Regierungsparteien konnten im Wahlkampf allerdings damit punkten, dass Österreich die Euro-Krise nahezu unbeschadet überstanden und die niedrigste Arbeitslosenquote in der EU hat.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa