Heimstatt der NSU-Terroristen Sachsen erkennt keine Fehler
27.06.2012, 17:27 Uhr
Die drei Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos mordeten jahrelang unerkannt.
(Foto: dapd)
Das sächsische Innenministerium legt den Abschlussbericht zu möglichen Versäumnissen der Behörden im Umgang mit den Neonazi-Terroristen der NSU vor. Das Urteil: Polizei und Verfassungsschutz in dem Land, in dem das Trio die meiste Zeit inkognito lebten, müssen sich nichts vorwerfen lassen.
Gut 13 Jahre lang haben mordende und raubende Rechtsterroristen unerkannt vor allem in Sachsen gelebt - die Schuld dafür sieht der Freistaat aber nicht bei sich. Nach heutigem Wissen seien "keine Versäumnisse innerhalb des polizeilichen Handelns zu erkennen", heißt es in dem Abschlussbericht des Innenministeriums an den Landtag. Dem Verfassungsschutz wird darin attestiert, dass er von den Thüringer Behörden "nur unvollständig informiert" wurde. Es sei "nicht ersichtlich", dass er "erfolgversprechende Maßnahmen" unterlassen habe.
Eingeräumt wird im 23-seitigen Papier lediglich der mangelnde Informationsaustausch auch unter sächsischen Sicherheitsbehörden. Als Konsequenz wird deshalb eine engere Zusammenarbeit befürwortet. Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte, er sei überzeugt, dass die Ermittler die richtigen Schlüsse hätten ziehen können, wenn es bereits das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus gegeben hätte.
In dem Bericht wird zudem bestätigt, dass die Überfallserie der mutmaßlichen Neonazi-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos noch im Jahr ihres Untertauchens 1998 begonnen hatte. Zuvor waren die Ermittler davon ausgegangen, dass Böhnhardt und Mundlos erst im Oktober 1999 den ersten von insgesamt 14 Raubüberfällen begingen, um mit der Beute ihr Leben im Untergrund zu finanzieren.
Landtag sieht die Dinge anders
Böhnhardt und Mundlos sind inzwischen tot. Gemeinsam mit ihrer Komplizin Beate Zschäpe - alle stammen aus Jena - sollen sie die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund –kurz NSU - gebildet haben, die auch für zehn Morde verantwortlich gemacht wird. Opfer waren neun Menschen mit ausländischen Wurzeln und eine Polizistin.
Die Ansicht des Innenministeriums steht damit in einem eklatanten Widerspruch zur Haltung der Parlamentarischen Kontrollkommission - kurz PKK - des sächsischen Landtags. Die PKK hatte vor wenigen Tagen in ihrem Bericht zur Mordserie der NSU dem Verfassungsschutz erhebliche Defizite bei der Fahndung nach dem Neonazi-Trio bescheinigt. Vor allem die länderübergreifende Zusammenarbeit mit Thüringer Behörden war darin als mangelhaft gebrandmarkt.
An diesem Donnerstag soll im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages BKA-Präsident Jörg Ziercke befragt werden. Er wird sich vor allem der Frage stellen müssen, warum das Bundeskriminalamt nicht die zentralen Ermittlungen an sich gezogen hat. Das BKA hatte nach Angaben des früheren BKA-Vize-Präsidenten Bernhard Falk bereits 2006 darum gebeten - das Bundesinnenministerium und die Länder lehnten das aber wohl ab. Außerdem solle Ziercke Stellung beziehen, warum die Behörde keinem möglichen rechtsradikalen Hintergrund nachging.
Quelle: ntv.de, jog/dpa