Dutzende Tote bei Gefechten im Jemen Sanaa wird Kriegsschauplatz
02.06.2011, 19:00 UhrDer Jemen rutscht immer mehr in einen Bürgerkrieg ab. Weiterhin liefern sich Stammeskrieger und Regierungssoldaten Auseinandersetzungen, Dutzende Menschen sterben. Soldaten gehen brutal gegen Oppositionelle vor. Tausende Menschen sind auf der Flucht. Diplomaten verlassen die Hauptstadt Sanaa.

Rauch steigt über Sanaa auf, wo heftige Gefechte zwischen Armee und Stammeskämpfern toben.
(Foto: AP)
Im Jemen breiten sich Chaos und Gewalt immer weiter aus. Diplomaten verlassen die Hauptstadt Sanaa. Dort kommt es zu heftigen Kämpfen zwischen Stammeskriegern und Regierungstruppen. Im Süden fliehen Zivilisten aus der Stadt Sindschibar, in der die Regierungstruppen gegen Al-Kaida-Terroristen kämpfen.
Die Truppen von Präsident Ali Abdullah Saleh lieferten sich nach Angaben von Augenzeugen in mehreren Vierteln heftige Gefechte mit den Kämpfern des Stammesführers der Haschid, Scheich Sadik al-Ahmar. Der Flughafen wurde für mehrere Stunden lahmgelegt. In der Nacht sollen nach Angaben von Ärzten mindestens 16 Menschen getötet worden sein. Am Mittwoch kamen nach Informationen lokaler Medien 45 Menschen ums Leben. Bei den seit zehn Tagen andauernden Gefechten wurden bislang 135 Menschen getötet.
Nach Angaben des Stamms zogen Tausende bewaffnete Mitglieder nach Sanaa, um ihren Anführer zu unterstützen. Auf dem Weg in die Hauptstadt sei es an einer Militärabsperrung zu Kämpfen mit Regierungstruppen gekommen. Kampfjets überflogen die Stammesangehörigen, offenbar, um sie einzuschüchtern. Für die Kämpfe setzte Saleh laut Zeugen Spezialkräfte ein.
Diplomaten verlassen das Land
Am Mittwoch wurde die kuwaitische Botschaft in Sanaa geschlossen. Auch die italienischen Diplomaten haben bereits den Jemen verlassen. Die deutsche Botschaft in Sanaa ist derzeit noch mit einer Kernmannschaft besetzt. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte: "Es gibt derzeit keine konkreten Pläne, die Botschaft zu schließen, aber wir beobachten die Lage sehr aufmerksam." Das Auswärtige Amt hatte am 28. Februar eine Reisewarnung für den Jemen ausgesprochen. Derzeit halten sich noch rund 30 Deutsche im Land auf.
Auch immer mehr Anwohner flohen aus Sanaa. Neben der Gewalt litten sie unter fehlendem Trinkwasser, der Rationierung von Strom und einem zunehmenden Mangel an Benzin. "Wenn die Kämpfe weitergehen, ist das das Ende des Jemen", sagte der etwa 70-jährige Mohsen Sinan, der mit rund 30 Familienmitgliedern die Stadt verlassen wollte.
In der Stadt Tais, einer 270 Kilometer südlich von Sanaa gelegenen Hochburg der Proteste, lieferten sich Regierungskräfte erstmals Gefechte mit bewaffneten Regierungsgegnern, wie Anwohner berichteten. Demnach konzentrierten sich die Kämpfe um den Präsidentenpalast in der Stadt und ein Lager der Saleh treu ergebenen Republikanischen Garde. Sicherheitskräfte hatten in der Nacht zu Montag mit Panzern und Schüssen gewaltsam eine Sitzblockade in der Stadt aufgelöst und dabei nach UN-Angaben mehr als 50 Demonstranten getötet. Nach Angaben der Oppositionsmedien ging das Blutvergießen weiter.
Tausende Menschen auf der Flucht
In der südlichen Stadt Aden leben inzwischen nach Informationen der Nachrichtenwebsite News Yemen 3000 Vertriebene aus der Provinz Abijan in Schulen. Sie waren vor den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Al-Kaida-Terroristen rund um die Stadt Sindschibar geflohen. Tausende Menschen fliehen zudem aus dem Land. Das Nachbarland Oman kündigte an, seine Patrouillen entlang der Grenze zum Jemen zu verstärken.
Das Oppositionsbündnis JMP zog unterdessen seine Zustimmung zu einem von den arabischen Golfstaaten vorgeschlagenen Plan zurück, der einen Rücktritt Salehs vorsieht, ihm gleichzeitig aber Straffreiheit garantiert. Saleh hatte mehrfach angekündigt, die Vereinbarung zu unterzeichnen, jeweils kurz davor aber einen Rückzieher gemacht. Nun deutete ein Regierungssprecher an, der Präsident könne doch noch unterschreiben, was von der Opposition aber ignoriert wurde. Die USA entsandten ihren Vertreter John Brennan in die Region. Dieser soll versuchen, im Verbund mit Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten Saleh doch noch zur Annahme eines Rücktrittsplans zu bewegen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts