Nichtwähler-Rekord Sarkozy auf Siegkurs
10.06.2007, 07:45 UhrNicolas Sarkozy hat fünf Wochen nach seiner Wahl zum französischen Präsidenten bei dem ersten Durchgang der Parlamentswahl einen durchschlagenden Erfolg verbucht. Nach stabilisierten Hochrechnungen entfielen bei dem Urnengang am Sonntag auf Sarkozys Regierungsbündnis aus UMP und Neuer Mitte 45,6 bis 46,4 Prozent der Stimmen. Das Bündnis kann hoffen, im zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag 383 bis 501 der 577 Mandate zu erringen. Der Konservative Sarkozy hätte dann in der Nationalversammlung eine solide Mehrheit von zwei Dritteln bis drei Viertel für sein Reformprogramm.
Die Sozialisten landeten nach Hochrechnungen abgeschlagen bei etwa 36 Prozent der Stimmen und können höchstens mit 160 Sitzen rechnen. Die Linke insgesamt bleibt knapp unter 40 Prozent der Stimmen. Die neue Demokratischen Bewegung (MoDem) erreichte mit 7,0 bis 7,4 Prozent einen Achtungserfolg, darf aber nur auf ein bis vier Mandate hoffen. Die rechtsextreme Nationale Front (FN) von Jean-Marie Le Pen blieb mit etwa fünf Prozent ohne Aussicht auf ein Mandat bedeutungslos.
Premierminister Franois Fillon werte den ersten Wahlgang als "Bestätigung des Willens der Franzosen, Frankreich einen Kurs zu geben". Arbeitsminister Xavier Bertrand sagte, der überwältigende Sieg sei ein "Votum des Vertrauens und der Forderung" nach den angekündigten Reformen. Wirtschaftsminister Jean-Louis Borloo meinte: "Das Volk, und darunter auch viele Linke, wünscht, dieser Regierung die Chance zu einer harmonischen Zusammenarbeit mit dem Parlament zu geben."
Die unterlegene sozialistische Präsidentschaftskandidatin Sgolne Royal rief die Franzosen angesichts einer Rekordenthaltung am Sonntag dringend auf, beim zweiten Urnengang wählen zu gehen. "Die Republik braucht Sie, die Demokratie braucht Sie, um atmen zu können", sagte Royal. Sie verstehe "eine Art Fatalismus" nach der Niederlage bei der Präsidentenwahl am 6. Mai. Mobilisierung sei jetzt aber notwendig, um nach der Parlamentswahl "eine neue Linke aufzubauen", forderte Royal.
Auch Royals Lebenspartner, der Sozialistenchef Franois Hollande, appellierte an die Wähler, sich nicht entmutigen zu lassen. Alles hänge von der Beteiligung am 17. Juni ab. "Die Rechte hat jedes Interesse daran gehabt, die Wähler zu demotivieren", sagte Hollande. So komme es jetzt darauf an, die Macht der UMP in Grenzen zu halten.
Meinungsforschungsinstitute prognostizierten eine Rekordenthaltung von 37 bis 40 Prozent. Nach dem Dauerwahlkampf zur Präsidentenwahl stieß die Kampagne zur Parlamentswahl bei den Franzosen nur noch auf geringes Interesse. Die Wahlmüdigkeit wurde noch von dem Gefühl bestärkt, dass "die Wahl schon gelaufen" sei. Alle Umfragen hatten Sarkozys Koalition einen überwältigenden Sieg vorausgesagt.
Sarkozy hatte die Wähler aufgerufen, ihm eine breite Basis für den von ihm propagierten "Bruch" mit der bisherigen Politik zu geben. Die neue Nationalversammlung soll gleich Anfang Juli in einer Sondersitzung wichtige Steuer- und Sozialreformen auf den Weg bringen. Die Opposition setzte bei der Parlamentswahl nur noch auf Schadensbegrenzung. Sozialisten und MoDem mahnten die Wähler, für Pluralität in der Nationalversammlung zu sorgen.
Rund 44,4 Millionen Stimmberechtigte waren aufgerufen, die 577 Abgeordneten der Pariser Nationalversammlung zu bestimmen. Über die endgültige Sitzverteilung wird am 17. Juni entschieden. Dann wird in den Wahlkreisen erneut gewählt, in denen im ersten Durchgang kein Kandidat die absolute Mehrheit erhielt. Jeder kann dann antreten, der am Sonntag mindestens 12,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Beim erneuten Wahlgang genügt die einfache Mehrheit.
Den Kommunisten und der MoDem fehlen Bündnispartner, um in Fraktionsstärke von 20 Mandaten ins Parlament einzuziehen. MoDem-Chef Franois Bayrou, der bei der Präsidentenwahl noch 18,57 Prozent der Stimmen erhalten hatte, kritisierte das "ungerechte Wahlsystem", das mit der Begünstigung der Regierungspartei "ein Ungleichgewicht in den Institutionen" schaffe. Das vorläufige amtliche Endergebnis wurde am Montagmorgen erwartet.
Quelle: ntv.de