Der superschnelle Supereuropäer Sarkozy "hilft" Merkel
17.09.2007, 08:57 UhrDer französische Präsident Nicolas Sarkozy ist offenbar davon überzeugt, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im deutschen Streit um die Kernkraft geholfen zu haben. "In der Atomfrage habe ich ihr einen Dienst erwiesen. Sie hat 2009 Wahlen", sagte Sarkozy. Merkel habe ihm ein Geschenk gemacht, indem sie seinem Vorschlag zugestimmt habe, einen "Rat der Weisen" zur Zukunft und den Grenzen der EU einzurichten.
Seine Beziehungen zu Merkel seien im Übrigen "niemals so gut gewesen" wie jetzt, sagte Sarkozy der Pariser Zeitung "Le Monde". "Die Schwierigkeit ist, dass sie mit den Ländern und ihrer Koalition umgehen muss. Ich kann schneller vorangehen." Er bringe Sachen in Bewegung, indem er Tabu-Themen wie die Kernkraft anspreche.
Atommacht: "Nein, danke"
"Der Spiegel" berichtet, Sarkozy habe Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor einer Woche in Schloss Meseberg eine deutsche Teilhabe an den französischen Kernwaffen angeboten. Da Frankreichs Atomschirm auch Deutschland schütze, solle die Bundesregierung überlegen, ob sie sich an der Entscheidungsgewalt über die Atomwaffen beteiligen wolle. Merkel und Steinmeier hätten die Offerte aber einhellig abgelehnt. Steinmeier entgegnete, Deutschland strebe den Besitz von Atomwaffen nicht an, deshalb sei es auch 1975 dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten. Merkel pflichtete dem SPD-Minister ausdrücklich bei, wie es weiter hieß. Ein Sprecher der Bundesregierung sagte dazu nur, die Gespräche seien vertraulich gewesen.
Frankreich hatte Deutschland schon früher den Schutz seines Atomschirms angeboten, aber ohne Mitspracherecht. Sarkozy hatte kurz vor seiner Wahl zum Staatschef im Frühjahr angedeutet, dass er weiter gehen könnte. Paris solle seinen Nachbarn anbieten, von der "Garantie" der atomaren Verteidigung zu profitieren, und zwar "unter Bedingungen, die mit ihnen definiert werden" könnten, sagte er damals. Bis März 2008 will Frankreich seine Militärstrategie und seine Bündnisbeziehungen neu definieren und den Finanzierungsbedarf der Streitkräfte klären.
Frankreich wieder Großmacht
Zu kritischen Medienreaktionen auf seine Außenpolitik sagte Sarkozy der "Monde" zufolge, "einige Beobachter" seien über die "große Rückkehr Frankreichs nach Mitteleuropa" verärgert. Er verwies dabei auf die Befreiung der bulgarischen Krankenschwester aus libyscher Haft und seine Reisen nach Polen und Ungarn. "Einige waren von dem Prinzip ausgegangen, dass Osteuropa Deutschland sei und wir dort keinen Platz hätten."
Sarkozy hat die Bundesregierung seit seinem Amtsantritt im Mai mehrfach mit Initiativen überrascht, zum Teil auch verärgert. So war Frankreich aus der Verabredung der 13 Euro-Staaten ausgeschert, bis zum Jahr 2010 die Haushalte auszugleichen und keine neuen Schulden zu machen. Vor allem das Verhältnis zwischen Sarkozy und Finanzminister Peer Steinbrück gilt wegen offener Kritik des deutschen Finanzministers am französischen Vorgehen als zerrüttet. Sakozy sagte der "Monde", die Trennung des Finanzministeriums vom Wirtschaftsministerium führe zu einer "Buchhaltersicht der Dinge".
Quelle: ntv.de