Fernduell mit Hollande Sarkozy kämpft um Stimmen
15.04.2012, 17:37 Uhr
Nicolas Sarkozy genießt das Bad in der Menge.
(Foto: REUTERS)
Ein kämpferischer Präsident, ein selbstbewusster Herausforderer: In Frankreich erreicht der Wahlkampf einen Siedepunkt. Beide Kandidaten versuchen die Unentschlossenen zu mobilisieren - Europa gerät dabei ins Fadenkreuz.
Mit Kritik an Europa und der Beschwörung der kulturellen Besonderheit Frankreichs hat ein kämpferischer Präsident Nicolas Sarkozy den Endspurt im Wahlkampf eröffnet. Sein in allen Umfragen vorne liegender sozialistischer Kontrahent François Hollande hielt ihm nur wenige Kilometer entfernt bei einer zeitgleichen Großkundgebung selbstbewusst vor: "Wer die Angst beschwört, befindet sich bereits auf dem Rückzug." Mit flammenden Appellen und der Beschwörung nationaler Werte versuchten beide Spitzenkandidaten, noch unentschlossene Wähler zu mobilisieren.
"Wir hatten Unrecht, die Grenzen zu vernachlässigen", sagte Sarkozy und betonte: "Ich werde die Schengen-Abkommen (über offene Grenzen) aussetzen, wenn es sein muss." Auch der Aufbau eines Europas des Konsums sei ein Irrtum, wenn es daneben kein Europa der Produktion gebe. Die Europäische Zentralbank müsse eine aktivere Rolle übernehmen: "Wenn die Europäische Zentralbank das Wachstum nicht unterstützt, werden wir kein Wachstum haben."
Sarkozy betonte: "Es gibt keine Tabu-Themen, es gibt keine verbotenen Debatten (...) Wir, die Franzosen, werden die Debatte eröffnen, und wir werden Europa voranbringen."
Der um ein neues Mandat kämpfende Präsident beschwor eine Woche vor der Wahl in seiner mehrfach von Beifall unterbrochenen Rede die Werte der Nation. In einer sich ändernden Welt mit ihren Herausforderungen sei die anstehende Wahl auch eine Richtungswahl, sagte er unmittelbar vor der Rede seines wichtigsten Kontrahenten Hollande bei einer ähnlichen Großveranstaltung.
Hollande setzt auf Generalmobilisierung
Der hielt ihm vor, mit einer verfehlten Politik die Krise verschlimmert zu haben. "Die Franzosen werden ihr Schicksal bestimmen (...) zu einem Augenblick, da die Krise da und Frankreich geschwächt ist", sagte er. Eine regelrechte Generalmobilisierung sei nötig, um Frankreich durch Reformen wieder auf Kurs zu bringen. Gegen Diskriminierung und Ausgrenzung gelte es Akzente zu setzen. Überall in Europa hoffe man auf den politischen Wechsel in Frankreich. "Ich werde Präsident einer Republik sein, die stärker als die Mächte des Marktes sein wird", versprach Hollande vor Zehntausenden Anhängern und betonte: "Die Hoffnung ist glaubhaft, der Traum möglich!"
"Frankreich kann sich keine Fehler erlauben", betonte dagegen Sarkozy mit Hinweis auf eine sich abzeichnende neue Ära. Er beschwor ein "neues französisches Modell" der Förderung der Innovation, der Bildung und des sozialen Zusammenhalts. Sie könnten der Wirtschaft neue Impulse geben und die Familie als Stütze des Staats stärken.
Der in aktuellen Umfragen hinten liegende Sarkozy muss sich bei der Wahl am kommenden Sonntag neun Herausforderern stellen. Sein wichtigster Kontrahent François Hollande würde nach Umfragen eine Stichwahl gegen Sarkozy mit großem Vorsprung gewinnen. Beide Wahlkämpfer machten nach Angaben des TV-Nachrichtensenders BFM bis zu 100.000 Menschen bei ihren Kundgebungen geltend. Zum zweiten Durchgang kommt es am 6. Mai, wenn in der ersten Wahlrunde am 22. April keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent der Stimmen holt.
Quelle: ntv.de, dpa