Ex-Präsident muss mit Prozess rechnen Sarkozy steht vor Politik-Aus
22.03.2013, 20:30 Uhr
Nicolas Sarkozy soll für 2017 bereits in den Startlöchern gestanden haben.
(Foto: dpa)
Seine Kontakte zur L'Oréal-Erbin und Multimilliardärin Liliane Bettencourt belasten Nicolas Sarkozy seit Jahren. Jetzt eröffnen Untersuchungsrichter ein Anklageverfahren gegen den Ex-Präsidenten. Es geht um Briefe mit Bargeld und einen womöglich illegal finanzierten Wahlkampf. Sarkozys Anhänger vermuten politische Hintergedanken und attackieren die Justiz.
Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy will das gegen ihn eingeleitete Anklageverfahren in der sogenannten Bettencourt-Affäre gerichtlich stoppen lassen. Sein Anwalt kündigte einen Einspruch bei der zuständigen Berufungskammer in Bordeaux an. "Nicolas Sarkozy ist weiter kämpferisch, aber gleichzeitig hat er es als skandalös angesehen, wie er behandelt wurde", sagte Thierry Herzog. Die Entscheidung der zuständigen Ermittler sei ungerecht und juristisch unverständlich.
Untersuchungsrichter hatten am Donnerstagabend in der Korruptions- und Spendenaffäre um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt offiziell ein Anklageverfahren gegen Sarkozy eingeleitet. Sie werfen dem konservativen Politiker vor, im Jahr 2007 die Demenzerkrankung der Milliardärin ausgenutzt zu haben, um an Geld für seinen Wahlkampf zu kommen.
Die 90 Jahre alte Bettencourt steht mittlerweile unter Vormundschaft ihres Enkels Jean-Victor Meyers. Sie leidet nach Einschätzung von Ärzten seit 2006 an einer Mischung aus Alzheimer und anderen Demenzformen. Die Erbin des Kosmetik-Konzerns gilt als reichste Frau der Welt. Das Vermögen von Bettencourt und ihrer Familie wird auf 30 Milliarden Dollar (23 Mrd. Euro) geschätzt.
Zeugen belasten Sarkozy schwer
Hintergrund der seit langem andauernden Ermittlungen gegen Sarkozy sind unter anderem Zeugenaussagen ehemaliger Angestellter im Hause Bettencourt. Eine frühere Buchhalterin behauptet, dass sie für eine Wahlkampfspende 150.000 Euro Bargeld organisieren sollte. Andere Mitarbeiter wollen prall gefüllte Umschläge gesehen haben.
Gegen einen Vertrauten Sarkozys läuft bereits seit längerem ein Anklageverfahren. Sarkozy konnte bis Sommer vergangenen Jahres nicht befragt werden, weil er als Präsident Immunität genoss. Der 58-Jährige bestreitet alle Vorwürfe. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu drei Jahre Haft und 375.000 Euro Geldstrafe. In besonders schweren Fällen sind sogar fünf Jahre Gefängnis möglich.
Das auf einen Prozess abzielende Ermittlungsverfahren der Justiz im Zusammenhang mit illegalen Wahlkampfspenden könnte tatsächlich das Aus für die politische Karriere des 58-jährigen Alphatiers der Opposition bedeuten. Das von seinen Anhängern gewünschte politische Comeback für die Präsidentschaftswahl 2017 wäre nicht mehr möglich. Nach Einschätzung von Juristen könnte sich das Verfahren über Jahre hinziehen.
Sarkozys Anhänger üben Druck auf die Justiz aus
Die Eröffnung des Anklageverfahrens gegen Sarkozy löste in Frankreich einen heftigen politischen Streit über die Unabhängigkeit der Justiz aus. Parteifreunde Sarkozys bezeichneten die Entscheidung als ungerechtfertigt und überzogen. Vertreter aus dem sozialistischen Regierungslager um Präsident François Hollande sprachen hingegen von einem vollkommen fairen Verfahren und warnten vor dem Versuch der Einflussnahme. Es sei nicht hinnehmbar, die Justiz derart infrage zu stellen, sagte Parteichef Harlem Désir in Anspielung auf die Kritik der Konservativen.
Bei dem Vertrauten Sarkozys, gegen den schon ein Anklageverfahren läuft, handelt es sich um den früheren Arbeits- und Budgetminister Eric Woerth. Der 57-Jährige war lange ein enger Mitarbeiter des am 6. Mai 2012 abgewählten Sarkozy gewesen. Im Präsidentschaftswahlkampf 2007 kümmerte er sich unter anderem um die Kampagnenfinanzierung.
Nach bislang unbestätigten Zeugenaussagen soll Woerth illegale Bargeldspenden von dem inzwischen entlassenen Vermögensverwalter der Milliardärin angenommen haben. Patrice de Maistre soll dann für die Zuwendungen mit einem Orden der Ehrenlegion ausgezeichnet worden sein. Maistre hat außerdem Woerths Frau Florence für ein Jahresgehalt von 200.000 Euro in der Vermögensverwaltung von Bettencourt angestellt.
In dem Anklageverfahren wird Woerth "passive missbräuchliche Einflussnahme" vorgeworfen. Den Ermittlern liegen demnach stichhaltige Beweise vor, dass Woerth sich im Gegenzug für eine Zuwendung für einen Orden für Maistre einsetzte.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa