Ratspräsidentschaft endet Sarkozy zieht Bilanz
16.12.2008, 15:51 UhrZum Abschluss seiner sechmonatigen EU-Präsidentschaft hat der französische Staatschef Nicolas Sarkozy seine Forderung nach einer enger abgestimmten Wirtschaftspolitik bekräftigt. Die EU-Staaten seien mit einer "sehr ernsten Krise" konfrontiert und müssten weiter über Lösungen diskutieren, sagte er im Europaparlament. Zugleich rechtfertigte er nachdrücklich die Staatshilfen einiger EU-Länder für ihre angeschlagenen Autobauer.
Die weltweite Wirtschaftskrise werde die EU auch in Zukunft beschäftigen, betonte Sarkozy. Bisher gebe es aber kaum geeignete Strukturen, um darüber zu reden. Im sogenannten Ecofin-Rat etwa seien einige Länder, unter ihnen Deutschland, nur durch Finanzminister vertreten, die nicht zugleich Wirtschaftsminister seien. Sarkozy erneuerte damit indirekt seine Forderung nach einer Art EU-Wirtschaftsregierung. Dazu hatte er im Oktober eine Aufwertung der Euro-Gruppe angeregt.
Sarkozy verteidigte die staatlichen Hilfen für europäische Autobauer. Er sei für Freihandel, doch müsse dieser auf Gegenseitigkeit beruhen. Europa könne nicht der einzige Kontinent sein, der seine Automobilindustrie in Stich lasse, fügte er mit Blick auf die geplanten Hilfen für die US-Autobauer hinzu. Diese Hilfen stünden nicht im Widerspruch zu den Regeln der Welthandelsorganisation WTO.
"Nicht einfach"
Vor dem Plenum hatte Sarkozy zuvor eingeräumt, die Diskussionen über Maßnahmen zur Eindämmung der Wirtschaftskrise in der EU seien "nicht einfach". Die wirtschaftliche Situation und die "Wirtschaftskultur" in den 27 EU-Staaten seien sehr unterschiedlich. Einige politisch Verantwortlichen stünden zudem wegen kommender Wahlen unter Druck. Dies erkläre "manches Zögern und manche Missverständisse". Vor allem in Deutschland war Sarkozys Forderung nach einem großangelegten EU-Progamm zur Wiederankurbelung der Wirtschaft auf Widerstand gestoßen.
Auf Fragen von Abgeordneten wies der Präsident Zweifel am guten Zustand des deutsch-französischen Verhältnisses zurück. Sarkozy bescheinigte Bundeskanzlerin Angela Merkel "Talent und Kraft" bei der Verteidigung der Interessen ihres Landes. "Wir verstehen uns, wir unterstützen uns gegenseitig und helfen einander."
Hoffen auf Obama
Sarkozy hat zudem in einem leidenschaftlichen Appell die EU-Abgeordneten zur Verabschiedung des europäischen Klimapakets aufgefordert. Es wäre verantwortungslos, wenn die Europäer auf ihre Klimaziele verzichteten, sagte er.
Dies wäre besonders jetzt unsinnig, da der zukünftige US-Präsident Barack Obama erstmals ehrgeizige umweltpolitische Ziele formuliert habe. "Wie sollte Europa sonst in der Welt von Brasilianern und Chinesen gehört werden, die selbst etwas tun müssen", sagte Sarkozy, dessen dritter Auftritt vor der Volksvertretung häufig von Beifall begleitet wurde.
Im Europaparlament erntete Sarkozy viel Lob für sein Krisenmanagment. Er habe sich als wirklicher "Pro-Europäer" geoutet, betonte der Chef der sozialistischen Fraktion, Martin Schulz (SPD). Die französische Präsidentschaft habe "gute Arbeit geleistet", sagte auch der Vorsitzende der Fraktion der Europäischen Volkspartei, der Franzose Joseph Daul. Beide Abgeordneten riefen die tschechische Regierung auf, das gleiche Engagement zu zeigen. Die Tschechische Republik übernimmt am 1. Januar für sechs Monate den EU-Vorsitz, anschließend folgt Schweden.
Quelle: ntv.de