Al-Kaida bekennt sich Saudis warnten schon vor Wochen
06.11.2010, 10:15 Uhr
Das Luftfracht-Zentrum von UPS am Flughafen Köln/Bonn.
(Foto: Reuters)
Bereits Anfang Oktober informierte der saudi-arabische Geheimdienst die US-Behörden über Terroranschläge auf Flugzeuge. Mitte September gab es möglicherweise bereits einen Testlauf für einen Anschlag. Am 28. Oktober schließlich warnten die Saudis konkret vor Bomben in Frachtflugzeugen.
Die USA haben einem Zeitungsbericht zufolge bereits Anfang Oktober eine glaubwürdige Warnung aus Saudi-Arabien erhalten, wonach der Al-Kaida-Ableger im Jemen Terroranschläge plante. Der saudi-arabische Geheimdienst habe am 9. Oktober die US-Kollegen informiert, dass der jemenitische Arm der Terrororganisation vier Tage zuvor seine Planungen für einen Anschlag in den USA oder Europa abgeschlossen habe, bei denen ein oder zwei Flugzeuge benutzt werden sollten, berichtet die "New York Times" unter Berufung auf US- und EU-Vertreter.
Wie die Zeitung weiter berichtet, fingen US-Geheimdienste Mitte September zudem mehrere Pakete mit Büchern, Papieren, CDs und ähnlichen Gegenständen ab, die aus dem Jemen nach Chicago verschickt worden waren. Womöglich habe es sich dabei um einen Testlauf für einen Terroranschlag gehandelt, schreibt das Blatt, das sich auf Angaben von CIA-Mitarbeitern beruft.
Der "New York Times" zufolge erwarteten die saudi-arabischen Geheimdienstexperten, dass der Anschlag oder die Anschläge etwa binnen einer Woche verübt werden würden. US-Geheimdienstler betonten jedoch, dass der Hinweis der Saudis zwar spezifischer als ein früherer aber keiner darauf war, dass die Terroristen Frachtflugzeuge benutzen würden.

Vor dem Sicherheitsgericht in Jemens Hauptstadt Sanaa stehen zwei Polizisten. Hier wird in Abwesenheit gegen Anwar al-Awlaki verhandelt, der als Al-Kaida-Vordenker gilt.
(Foto: Reuters)
In den vergangenen Monaten gab es nach Angaben eines CIA-Sprechers mehrere Warnungen der Saudis, dass Gefahr aus dem Jemen drohe, die erste im Juli. Diese Warnungen seien an Briten, Amerikaner und Deutsche gegeben worden, so die "New York Times".
Die letzte, sehr konkrete Warnung kam dann am 28. Oktober, worin von Bomben in Frachtflugzeugen die Rede war. Dies habe eine hektische Suche ausgelöst und so konnten am 29. Oktober die zwei Paketbomben gefunden werden. Die Päckchen, die an Synagogen in Chicago adressiert waren, konnten in Großbritannien und Dubai aufgehalten und unschädlich gemacht werden.
Al-Kaida bekennt sich
Die Terrororganisation "Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel" (AQAP) übernahm die Verantwortung für die beiden gefundenen Paketbomben aus dem Jemen. Wie das auf die Überwachung islamistischer Internetseiten spezialisierte US-Unternehmen SITE mitteilte, behauptete der Al-Kaida-Ableger in Mitteilungen in einschlägigen Foren zudem, für die "Explosion" einer UPS-Maschine Anfang September in Dubai verantwortlich zu sein. Das Flugzeug hatte kurz nach dem Start Feuer gefangen und war abgestürzt. Beide Piloten waren dabei ums Leben gekommen. "Wir haben das Flugzeug zum Absturz gebracht", hieß es in den Botschaften.
In Folge dieses Absturzes deponierten die Islamisten laut SITE nach eigenen Angaben die Paketbomben, die in Großbritannien und in Dubai entdeckt worden waren. AQAP rief dem US-Unternehmen zufolge in den Internetforen zudem dazu auf, weitere Paketbomben "in westlichen Passagierflugzeugen, aber auch in Frachtmaschinen" zu deponieren. "Wir werden weiterhin die Interessen Amerikas und seiner Verbündeten angreifen", zitierte SITE aus den Internetbeiträgen der Terrororganisation AQAP.
"Sicherheitslücken seit Jahren bekannt"
Die Sicherheitslücken im Luftfrachtverkehr sind nach Aussagen von Experten den deutschen Sicherheitsbehörden seit Jahren bekannt. Ein ranghoher Mitarbeiter des Luftfahrt-Bundesamtes sagte dem "Focus": "Über die Probleme bei der Kontrolle von Frachtgut sind die Sicherheitsbehörden spätestens seit 2006 informiert." Getan habe sich jedoch wenig. "Bis heute reichen die Ressourcen an Personal und Material nicht aus, um Anschlagsrisiken rechtzeitig erkennen zu können."
Der Chef der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft, Klaus Leprich, berichtete, Zollfahnder hätten ihre Vorgesetzten im Bundesfinanzministerium seit Jahren über Sicherheitslücken bei der Luftfracht informiert. "Das ist beinahe Routine gewesen, sei es bei (Hans) Eichel (SPD), (Peer) Steinbrück (SPD) oder (Wolfgang) Schäuble (CDU)." Die Finanzminister hätten die Warnungen aber in den Wind geschlagen. "Stattdessen wurde beim Personal gekürzt", beklagte der Gewerkschafter.
Der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Jörg Handwerg, sagte, seine Vereinigung habe immer wieder auf Defizite hingewiesen und einen weltweiten Ansatz für logistische Kontrollverfahren gefordert. "Doch von der Politik wurden wir nur belächelt."
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will der EU einen Fünf-Punkte-Katalog zur schnellen Verbesserung der Sicherheit vorlegen.
Quelle: ntv.de, dpa