"Keine Imame von Irgendwo" Schäuble als Zauberlehrling
15.03.2008, 09:48 UhrDer künftige islamische Religionsunterricht an deutschen Schulen soll nach Angaben von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nur durch hier ausgebildete Lehrer erteilt werden. "Wir werden nicht Imame von irgendwo her importieren", sagte Schäuble dem Südwestrundfunk. Die Ausbildung der Lehrkräfte und die Festlegung der Lerninhalte werde noch einige Zeit dauern – möglicherweise noch eine halbe Schülergeneration.
Der Innenminister erläuterte, dass es unter den Muslimen in Deutschland noch immer ganz unterschiedliche Auffassungen über den Unterricht gebe. "Natürlich gibt es auch in der deutschen Mehrheitsgesellschaft große Vorbehalte."
Türkische Gemeinde will mehr
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Kenan Kolat, hatte sich kritisch zur geplanten Einführung von islamischem Religionsunterricht geäußert. Islamkunde als ordentliches Unterrichtsfach würde der Vielfalt der Muslime in Deutschland dagegen eher gerecht, sagte Kolat. "Dann hätten wir diese ganze Diskussion nicht."
Ende der "deutschen Leitkulturdebatte"
Kolat begrüßte, dass die "deutsche Leitkulturdebatte" beendet sei und nun die Werteordnung des Grundgesetzes als Maßstab für die Integration im Vordergrund stehe. Dazu sollten die muslimischen Organisationen jetzt Stellung beziehen. Es reiche nicht aus, zu sagen man sei für die Gleichberechtigung von Mann und Frau. "Das muss auch umgesetzt werden", forderte Kolat. So dürften auf Veranstaltungen etwa Frauen und Männer nicht getrennt sitzen.
An der langen Leine Ankaras
Am Donnerstag hatte sich die Islamkonferenz in Berlin trotz teils erheblicher Kontroversen auf die Einführung von Islamunterricht in den kommenden Jahren geeinigt. So einigten sich die jeweils 15 Vertreter des deutschen Staats und der 3,3 Millionen Muslime in Deutschland im Grundsatz erstmals auf die Einführung islamischen Religionsunterrichts - als Bekenntnis-Unterricht. Der Text über die verfassungsrechtlichen Bedingungen gibt den teils zerstrittenen muslimischen Verbänden Handlungsanleitungen für das Erreichen des langersehnten Ziels.
Demnach brauchen die jeweiligen Schulbehörden der Länder eine Religionsgemeinschaft als nachhaltigen Ansprechpartner mit klaren Regeln, der nicht von der Türkei aus gesteuert werden darf und niemanden ohne Rücksicht auf seinen Willen als Mitglied in Anspruch nimmt. Die vier im Koordinierungsrat der Muslime (KRM) zusammengeschlossenen Verbände sprechen aber lediglich für maximal ein Fünftel der Muslime in Deutschland und werden teils stark aus der Türkei beeinflusst.
Assimilation ohne Angleichung
Zeitgleich zur Konferenz warnte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erneut vor einer Politik der Angleichung. Kanzlerin Angela Merkel rief er dazu auf, zusammen mit ihm nach Art seiner umstrittenen Massenkundgebung in Köln vom Februar vor türkischen Einwanderern aufzutreten.
Quelle: ntv.de