Politik

CDU auf Zickzack-Kurs Schäuble dementiert sich selbst

Zunächst sagt Schäuble, es werde definitiv keine Steuererhöhungen als Ergänzung zum Sparpaket geben. Dann hält er es für möglich, dass der Bundestag einen höheren Spitzensteuersatz beschließt. Schließlich sagt ein Sprecher: "Schäuble hält von der Erhöhung des Spitzensteuersatzes gar nichts." Die Kritik am schwarz-gelben Sparpaket hält derweil an.

War alles nicht so gemeint - oder doch?

War alles nicht so gemeint - oder doch?

(Foto: dpa)

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schließt einen höheren Spitzensteuersatz nicht mehr aus. Er hält es für möglich, dass der Bundestag das Sparpaket in diese Richtung ändern könnte.

"Es ist gutes Recht der Abgeordneten, Maßnahmen der Regierung durch andere zu ersetzen", sagte Schäuble dem "Spiegel". Dies könne auch für einen höheren Spitzentarif in der Einkommensteuer gelten: "Warum denn nicht?" Das Parlament sei Herr des Verfahrens.

Mit Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte Schäuble seine Bemerkungen offenbar nicht abgesprochen. Der sagte der "Süddeutschen Zeitung", es werde definitiv keine Steuererhöhungen als Ergänzung zum Sparpaket geben. An diesem Kurs werde sich auch nach der Bundespräsidentenwahl am 30. Juni nichts ändern. "Man hat sich in der Koalitionsspitze darauf verständigt, und dabei bleibt es." Die Zusage gelte "auf jeden Fall" für den Haushalt 2011. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, werde die Regierung in den nächsten Wochen ein Gutachten zur Mehrwertsteuer vorlegen.

Noch am Freitag hatte auch Schäuble Steuererhöhungen kategorisch ausgeschlossen. Zu Forderungen aus der Union nach einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes sagte er der "Bild"-Zeitung: "Davon halte ich rein gar nichts." Die Koalition müsse ihr Sparpaket jetzt den Bürgern erklären. Kluge Ratschläge habe er in ausreichendem Maß bekommen. "Aber Politik in einer Koalition ist kein Wunschkonzert."

Im Laufe des Samstags fand der Finanzminister dann auf diesen Kurs zurück. Sein Sprecher Michael Offer dementierte das Interview seines Chefs. "Schäuble hält von der Erhöhung des Spitzensteuersatzes gar nichts", teilte Offer mit. "Es gelten die Festlegungen der Klausurtagung ohne irgendeinen Zweifel."

Merkel hält Sparpaket für gerecht

In der "Bild am Sonntag" wies Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut Vorwürfe zurück, das schwarz-gelbe Sparpaket sei sozial unausgewogen. "Neben den notwendigen Kürzungen im Sozialbereich leistet die Wirtschaft ihren Beitrag, so wie auch die Beamten und die Verwaltung", sagte die CDU-Chefin. "Viele Menschen wissen, dass wir sparen und Schulden abbauen müssen." Nach ihrer Darstellung zielen die Einschnitte bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen darauf, "deutlich mehr Langzeitarbeitslose als bisher wieder in Arbeit zu bringen". Nach einer ARD-Umfrage halten 79 Prozent der Befragten das Sparpaket der Bundesregierung für "nicht sozial ausgewogen".

Müller für Luxussteuer

Ungeachtet der zahlreichen Machtworte und Dementis der Kanzlerin hält die Debatte über das Sparpaket in der Union an. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) will Reiche mehr Steuern zahlen lassen - zum Beispiel durch eine Luxusabgabe. Der Unionspolitiker sprach sich in einem Interview der "Wirtschaftswoche" für eine Steuer von 27 Prozent auf "Luxusgüter wie Segeljachten, teure Limousinen und Champagner" aus.

Solche Produkte sollten "höher als zum normalen Mehrwertsteuersatz besteuert werden". Dies geschehe längst in einer Reihe von Nachbarstaaten, die nicht nur zwei, sondern drei Mehrwertsteuersätze hätten, sagte Müller und konkretisierte damit frühere Forderungen. Der volle Mehrwertsteuersatz beträgt in Deutschland 19 Prozent. Für eine Reihe von Waren wie Lebensmittel und Bücher sind es nur sieben Prozent.

Das Tabu ist längst gefallen

Höhere Steuern seien erforderlich, damit auch die Leistungsstarken zum Sparpaket der Bundesregierung beitrügen. "Wenn schon der Gürtel enger geschnallt werden muss, dürfen die größten Gürtel nicht außen vor bleiben." Der Spitzensteuersatz könnte nach Vorstellungen Müllers von jetzt 42 auf 48 Prozent angehoben werden - plus Solidarzuschlag und Reichensteuer. Die Mehreinnahmen von 1,5 Milliarden Euro pro Prozentpunkt könnten laut Müller unter anderem für die Konsolidierung des Staatshaushalts genutzt werden.

Der Koalitionspartner FDP habe sich bereits von den Steuersenkungsplänen verabschiedet. Auch das Tabu "keine Steuererhöhungen" sei längst gefallen. "Im schwarz-gelben Sparpaket stehen die Einführung einer Brennelemente-Steuer, eine Ticketabgabe für Flugpassagiere und die Einschränkung von Begünstigungen bei der Energiesteuer. Das alles sind faktische Steuererhöhungen", sagte Müller.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP/rts

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