Deutscher Beitrag zum Rettungsfonds Schäuble drückt auf die Tube
19.12.2011, 11:51 Uhr
Mit den USA ist in Sachen IWF-Aufstockung nicht zu rechnen: Wolfgang Schäuble (r.) mit seinem Amtskollegen Timothy Geithner aus Amerika (Archivbild).
(Foto: REUTERS)
Nach dem großen EU-Gipfel zur Eindämmung der Schuldenkrise drängt der Haushaltschef der größten Volkswirtschaft Europas seine Kollegen zur Eile. Um das Vertrauen der Märkte zu gewinnen, muss Schäuble einen Teil der deutschen ESM-Milliarden früher einzahlen als bislang geplant. Hilfe aus den USA ist nicht zu erwarten.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erwägt einem Zeitungsbericht zufolge, den deutschen Anteil am dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM bereits im kommenden Jahr vollständig bereitzustellen.
"Klar ist, je schneller und je mehr der ESM an eingezahltem Eigenkapital hat, umso mehr gewinnt er Vertrauen an den Finanzmärkten", zitierte die "Rheinische Post" den Finanzminister. "Vertrauen schaffen hat für mich Priorität." Aus diesen Aussagen schloss die Zeitung, Schäuble wolle den kompletten deutschen Beitrag vorzeitig einzahlen.
Im Bundesfinanzministerium bemühte man sich, die Aussagen einzuordnen: Deutschland könnte im kommenden Jahr durchaus mehr als die vereinbarte erste Tranche von 4,3 Mrd. Euro in den dauerhaften Euro-Rettungsmechanismus ESM einzahlen, hieß es. Eine komplette Einzahlung des deutschen Beitrags sei allerdings unwahrscheinlich.
"Wenn man zunächst etwas mehr als die ursprünglich verabredete Summe zahlt, ist dies sicher nicht gegen die Interessen des Finanzministeriums", sagte ein Sprecher von Finanzminister Schäuble. Er wies aber einen Medienbericht zurück, dass die Bundesregierung den vollen deutschen Anteil von 21,5 Mrd. Euro auf einen Schlag überweisen könnte. "Dies ist nicht sehr wahrscheinlich", sagte Schäubles Sprecher. Konkrete Planungen werde es dazu allerdings erst im Januar geben.
Der EU-Gipfel hatte Anfang Dezember beschlossen, dass der ESM seine Arbeit bereits im Jahr 2012 und nicht erst Mitte 2013 aufnehmen soll. Dafür müssen die Euro-Staaten den geplanten Kapitalstock schneller aufbauen. Der ESM soll den bisherigen Rettungsschirm EFSF ablösen und erfordert von den teilnehmenden Staaten eine reale Einlage und nicht nur Garantien.
Die erste deutsche Zahlung sollte den bisherigen Planungen zufolge 4,3 Mrd. Euro betragen. Der gesamte deutsche Anteil an dem ESM-Kapitalstock von 80 Mrd. Euro beläuft sich auf 21,5 Mrd. Euro. Ursprünglich sollten die Beträge mit Blick auf die Schuldenbremse in fünf Jahrestranchen ab 2013 überwiesen werden. Mit dem EU-Gipfel wurde dieser Einzahlplan nun vorgezogen. Offen ist bislang, welche Summen zu welchem Zeitpunkt freigemacht werden können. Wegen der deutschen Zahlungen hatte sich Schäuble bereits für einen ausgesprochen.
Mit einem Zitat aus Goethes Faust drängte Schäuble seine Amtskollegen erneut auf eine schnelle Umsetzung der Beschlüsse des . "Die Märkte wollen Taten sehen. Der Worte sind genug gewechselt." Der neue Fiskalpakt müsse bis März 2012 umgesetzt werden.
Der neue Vertrag für eine Stabilitätsunion der 26 EU-Staaten solle an den Vertrag zum Euro-Rettungsschirm ESM geknüpft werden. "Sinnvoll wäre, dass wir den neuen Pakt mit dem neuen ESM-Vertrag verknüpfen. Das würde verdeutlichen, dass Solidarität untrennbar mit Solidität zusammenhängt". Dieser Pakt könne später in ein offizielles Protokoll zum EU-Vertrag überführt werden.
Die USA fallen als Retter aus
Bei der angestrebten Aufstockung der Finanzkraft des Internationalen Währungsfonds (IWF) rechnet Schäuble dagegen mit einer Absage der USA. Er sehe angesichts der dortigen Mehrheitsverhältnisse keine Chance dafür, sagte Schäuble. Washington könne keinen bilateralen Kredit dem IWF zur Verfügung stellen, ohne dass der Kongress dem zustimme: "Und dafür gibt es . Das hat die amerikanische Regierung immer klargemacht."
Die Finanzminister der Euro-Länder und anderer EU-Länder wollen zu Wochenbeginn bei einer Telefonkonferenz das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise beraten. Es geht dabei um die EU-Gipfelbeschlüsse vom 9. Dezember. "Wir müssen das Schritt für Schritt umsetzen, damit wir stückweise auch wieder das Vertrauen zurückgewinnen", sagte Schäuble.
Finanzminister am Telefon
Die Euro-Länder und weitere EU-Staaten prüfen, dem IWF zusätzliche Ressourcen in Form bilateraler Kredite von bis zu 200 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen. Deutschland soll davon über die Bundesbank 45 Mrd. Euro beisteuern.
Angestrebt wird auch eine Beteiligung von Nicht-EU-Staaten wie China oder Russland. Die Mittel sollen dem allgemeinen Konto des IWF zur Verfügung stehen und nicht nur im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise verwendet werden.
Nach Schäubles Angaben hat sich Großbritannien verpflichtet, einen gewissen Beitrag zur IWF-Aufstockung zu leisten. "Mit China sind wir auch im Gespräch. China hat keine widersprüchliche Position bezogen", sagte Schäuble. "Also ich glaube, dass wir insgesamt vorankommen."
Bei der Telefonkonferenz dürfte es auch um den auf Mitte 2012 vorgezogenen Start des dauerhaften Rettungsschirms ESM gehen, die dafür nötigen früheren Kapitaleinzahlungen sowie die künftigen Mehrheitsentscheidungen.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts