Politik

Terrorabwehr-Plan Schäuble gibt nicht nach

Ungeachtet massiver Kritik will Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble einen Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr im Innern per Grundgesetz-Ergänzung verfassungsrechtlich absichern. "Wir müssen es regeln, und wir können es regeln", bekräftigte der CDU-Politiker in einem dpa-Gespräch. Der Minister will eine eigene Verfassungsnorm schaffen, die zwischen Verteidigungsfall und polizeilicher Gefahrenabwehr liegt.

Damit würde nicht wie in den USA nach den Terrorangriffen des 11. September 2001 der Verteidigungsfall ausgedehnt. Die Lösung der Streitfrage könnte darin liegen, neben dem Fall einer äußeren Bedrohung einen weiteren Fall einer terroristischen und sonstigen Bedrohung in das Grundgesetz aufzunehmen, die eine Qualität hat wie der Verteidigungsfall. "Ich denke an eine Erweiterung des Aufgabenspektrums der Streitkräfte zur punktuellen Bekämpfung von Angriffen auf die Grundlagen des Gemeinwesens", sagte Schäuble.

"Regierung muss Schutzlücke schließen"

Hierbei könne es sich "nur um ganz außerordentliche Extremsituationen handeln", betonte der Minister. "Mit Angriffen auf die Grundlagen des Gemeinwesens sind Angriffe auf Grundwerte gemeint, auf denen staatliche Existenz beruht, die die gesellschaftliche Ordnung als eine Friedensordnung schützt und Voraussetzung für die Anerkennung der Menschenwürde ist." Mit der Prüfung seien auch die zuständigen Arbeitseinheiten des Justiz- und Verteidigungsressorts befasst gewesen.

Schäuble kritisierte: "Die Bundeswehr kann mit ihren Mitteln heute überall auf der Welt eingesetzt werden, nur nicht zum Schutz der eigenen Bevölkerung." Die Reaktionen auf seinen Vorschlag charakterisierte der Minister als vorhersehbar.

Es sei "der Vorgängerregierung nicht gelungen, rechtlich einwandfrei eine Schutzlücke zu schließen". Dieser Aufgabe müsse sich die Regierung aber stellen. Schäuble: "Die Erfüllung der Schutzpflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern setzt auch im Innern wirksame Handlungsoptionen voraus. Dazu habe ich einen verfassungsrechtlich vertretbaren Vorschlag gemacht. Ob die notwendige politische Mehrheit diesen Vorschlag unterstützt, wird sich am Ende dieser Debatte herausstellen."

Zustimmung von Rechtsexperten

Schäuble berief sich auf die Koalitionsvereinbarung. Dort sei festgehalten, dass die Regierung nach der Karlsruher Entscheidung zum Luftsicherheitsgesetz tätig werde. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 15. Februar einen Kernpunkt des Gesetzes als verfassungswidrig verworfen. Danach verstößt die Befugnis zum Abschuss entführter und als Waffe eingesetzter Flugzeuge gegen die Menschenwürde und ist nichtig. Das Grundgesetz enthält laut Urteil keine Ermächtigung für solche Terrorabwehrmaßnahmen der Bundeswehr.

Rechtsexperten halten den Schäuble-Plan für verfassungskonform. Karlsruhe habe im Februar lediglich "Grenzmarken für den Einsatz der Polizei in Friedenszeiten" gesetzt, sagte der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis der Zeitung "Die Welt". Wenn Schäuble das Grundgesetz gemäß Völkerrecht um einen Quasi-Verteidigungsfall erweitern wolle, sei das machbar. Verfassungsrechtler Rupert Scholz (CDU) sagte, "Schäuble wählt verfassungsrechtlich den richtigen Weg. " Die Karlsruher Richter hätten lediglich über ein einfaches Gesetz entschieden. "Wenn aber in der Verfassung eine Grundlage geschaffen wird, so wie Schäuble es plant, sieht die Lage anders aus."

Schäubles Pläne waren von Politikern von SPD, FDP, Grünen und Linkspartei heftig kritisiert worden.

Quelle: ntv.de

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