Schröder "stinksauer" Schatzmeisterin in der Kritik
16.04.2002, 11:35 UhrIn der SPD wächst der Unmut über das Verhalten von Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier bei der Aufklärung der Kölner Spendenaffäre. Der Vorsitzende des Parteispenden-Untersuchungsausschusses, Volker Neumann (SPD), übte in der Ludwigshafener Tageszeitung "Rheinpfalz" offene Kritik an seiner Parteifreundin.
Wettig-Danielmeiers Argument, Parteimitglieder schützen zu wollen, die möglicherweise ohne ihr Wissen auf die Spendenliste des früheren Kölner SPD-Schatzmeisters Manfred Biciste geraten seien, sei verständlich. Sie hätte den Ausschuss aber wenigstens darüber informieren müssen, dass die SPD an einer Rekonstruktion der Spendenliste arbeitet. Hinweise auf eine Falschaussage von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sieht Neumann nicht.
Auch der Parteivorsitzende, Bundeskanzler Gerhard Schröder, ist verärgert über die Vorgehensweise der Schatzmeisterin. Im Parteipräsidium äußerte er sich am Montag nach Darstellung von Teilnehmern "stinksauer" über ihr Verhalten. Von SPD-Ausschussmitgliedern wird Wettig-Danielmeier vorgeworfen, durch verschiedene unbedachte Äußerungen in den letzten Tagen Müntefering weiter in Schwierigkeiten gebracht zu haben.
Seinen Generalsekretär nahm Schröder am Dienstag hingegen abermals in Schutz. Es gebe "keine Zweifel" an der Glaubwürdigkeit Münteferings, sagte der Kanzler vor der SPD-Bundestagsfraktion und erhielt dafür anhaltenden Applaus.
Ströbele für erneute Ladung Münteferings
Nach Ansicht der FDP haben die Sozialdemokraten ihren Ruf verspielt, den Kölner Spendenskandal von selber rasch und vollständig aufklären zu wollen. Von Müntefering hätte man erwarten müssen, dass er im Ausschuss auf die Liste des Wirtschaftsprüfers Dieter Menger hinweise, sagte ihr Ausschuss-Obmann Max Stadler. Wenn er gesagt hätte, die Liste müsse noch überprüft werden, dann wäre die Sache in Ordnung gewesen.
Der Grünen-Obmann Hans-Christian Ströbele sprach sich für eine erneute Ladung Münteferings vor den Ausschuss aus. Müntefering habe bei seinem ersten Auftritt am 21. März "nicht vollständig informiert", sagte er im Deutschlandfunk. Jetzt müsse geklärt werden, was Müntefering wirklich gewusst habe. Die Fraktionschefin der Grünen, Kerstin Müller, hingegen erklärte: "Ich kann im Verhalten Münteferings keinen Fehler erkennen."
Neues Parteiengesetz
Mit Ausnahme der PDS haben sich alle Parteien auf ein neues Parteingesetz verständigt, das am 1. Juli in Kraft treten soll. Illegale Spendenpraktiken von Parteien sollen dem Entwurf zufolge künftig mit Haftstrafen von bis zu drei Jahren oder hohen Geldstrafen geahndet werden.
Von der kommunalen bis zur bundespolitischen Ebene kann fortan belangt werden, wer unrichtige Angaben über das Vermögen und die Einnahmen von Parteien macht, falsche Rechenschaftsberichte vorlegt, Spenden stückelt oder nicht unverzüglich meldet. Barspenden dürfen nicht mehr über 1.000 Euro liegen. Das Gesetz soll am Freitag den Bundestag passieren.
Verfahren eingeleitet
Wegen der Beteiligung an der Verschleierung von Spenden hat die nordrhein-westfälische SPD am Montagabend Parteiverfahren gegen 13 zum Teil prominente Mitglieder eingeleitet. Sie können bis zum Parteiausschluss führen. Unter ihnen sind der langjährige Kölner Oberbürgermeister Norbert Burger und der ehemalige Vorsitzende der Kölner SPD, Kurt Uhlenbruch.
Quelle: ntv.de