Politik

Clinton-Obama-Duell Schlammschlacht droht

Barack Obama, noch vor Wochen ein strahlender "Messias", gilt nach jüngsten Vorwahl-Niederlagen als beschädigt, als angezählt, zumindest als entzaubert. "Noch vor kurzem konnte der Mann über Wasser gehen", meint der Anchorman vom TV-Sender CNN. Das ist jetzt vorbei, manche Kommentatoren sprechen bereits nur noch vom "mathematischen Favoriten". Der Mann, der den Politikstil in Washington revolutionieren will, den viele schon als "neuen Kennedy" feierten, steht plötzlich der banalen Frage gegenüber, ob er überhaupt hart genug ist fürs Politikgeschäft. "Is he a fighter?", fragt die "New York Times" besorgt. Ist er ein Kämpfer?

"Man kann beinahe fühlen, wie die Luft aus dem Phänomen Obama entweicht", schreibt das Blatt. Kleinlaut muss der schwarze Senator nach Vorwahl-Niederlagen in Pennsylvania und Ohio öffentlich Abbitte leisten, dass er sich nicht genug um das alles entscheidende Wählerklientel in den USA kümmerte - die weißen Arbeiter. "Ich bin mit einigen von diesen Blue-Collar-Wählern weniger vertraut als Hillary Clinton. Und sie sind mit mir weniger vertraut als mit Hillary." Reumütig verspricht er Besserung: "Ich muss präsenter sein, ich muss an mehr Türen klopfen."

Das Dilemma: Auch um Clinton steht es nicht viel besser. Zwar hat sie durch ihre jüngsten Sieg Auftrieb erhalten, ihre Frontalattacken auf Obama zeigen Wirkung - doch echte Hoffnung, die Mehrheit der Delegierten zur Nominierung als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten zu gewinnen, kann sie sich auch nicht machen. Zudem: 60 Prozent der Amerikaner halten die Ex-First-Lady laut Umfragen für "nicht glaubwürdig".

Clinton-Anhänger würden McCain wählen

Die "New York Times" zitiert ein prominentes Kongressmitglied, wonach sich unter Schwarzen zunehmend die Überzeugung breitmacht, dass es Clintons Ziel sei "Obama so schwer zu beschädigen, dass er, im Falle einer Nominierung, niemals in der Lage sein wird, die Präsidentenwahl zu gewinnen." Tatsächlich drohen rund 20 Prozent der Clinton-Anhänger, im November lieber für den Republikaner John McCain zu stimmen - falls Obama und nicht Clinton ins Rennen gehen sollte.

"Schrumpfende Demokraten", schreibt Joe Klein, Kommentator des "Time Magazine". "Wie Obama und Clinton dabei sind, sich gegenseitig zu schwächen." Doch eine "Road Map", ein Ausweg aus dem Dilemma, ist kaum in Sicht. Parteichef Howard Dean appellierte am Montag erneut verzweifelt, dass bis Ende Juni eine Entscheidung fallen müsse. Ein Hinauszögern bis zum Parteitag Ende August gilt als Katastrophe.

Drei Indiana-Szenarien

Drei mögliche Szenarien, so das "Time Magazine", werden derzeit gehandelt. Erstens: Falls Clinton bei der Vorwahl am 6. Mai in Indiana hoch verlieren sollte, könnte sie, ungeachtet gegenteiliger Versprechen, das Handtuch werfen. Zweite Variante: Die Granden der Partei greifen noch im Mai ein, um dem Kampf ein Ende zu bereiten. Dazu halte sich etwa Ex-Vizepräsident und Friedensnobelpreisträger Al Gore bereit. Der gilt zwar intern als Obama-Freund, halte sich damit aber zurück, um dann vermitteln zu können. Dann sollten sich auch die "Superdelegierten" entscheiden, die knapp 800 Partei-VIPs, die Kraft Amt mitbestimmen können und sich nicht an das Vorwahl-Votum an ihrer Basis zu halten haben. Doch auch sie sind zerrissen, längst habe Clinton ihren Vorsprung verloren.

Dritte Variante ist das Alptraum-Szenario: Der Kampf zieht sich bis zum Parteitag hin. Schlimmer noch, dann könnte Clinton wieder das leidige Thema Michigan und Florida aufs Tapet bringen. In beiden Bundesstaaten hatte sie die Vorwahlen gewonnen. Allerdings hatte die Partei die Staaten zuvor vom Parteitag ausgeschlossen, als Strafe, weil sie ihre Vorwahl gegen den Willen der Partei vorverlegt hatten. Wenn dies Thema wieder aufkommen sollte, droht eine Schlammschlacht, "die das bisherige Gezänk wie Geplauder über den Gartenzaun aussehen lässt", meint das "Time Magazine".

Quelle: ntv.de, Peer Meinert, dpa

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