Gnade für RAF-Kern? Schlechte Prognose für Klar
27.01.2007, 09:00 UhrIn der Debatte über eine Begnadigung des früheren RAF-Topterroristen Christian Klar häufen sich die skeptischen und ablehnenden Stimmen. So sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) der "Bild am Sonntag": "Es sollte keine Gnade für diejenigen geben, die gnadenlos Ehefrauen die Männer und Kindern die Väter weggemordet haben mit dem Ziel, unsere Demokratie zu zerstören." Der frühere Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Hans-Ludwig Zachert, und der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger wandten sich im Magazin "Focus" gegen eine zur Zeit von Bundespräsident Horst Köhler geprüfte Begnadigung des früheren RAF-Terroristen Christian Klar nach 24 Jahren Haft.
Die Begnadigung sei eine höchstpersönliche Gewissensentscheidung des Bundespräsidenten, meinte Kauder und fügte hinzu: "Auch wenn man deshalb keinen öffentlichen Rat erteilen sollte, habe ich natürlich eine persönliche Meinung dazu." Der CDU-Politiker beklagte, inhaftierte RAF-Mitglieder hätten nicht zur Aufklärung ungeklärter Verbrechen der Terrorgruppe beigetragen. "Gnade darf es für terroristische Verbrecher nicht geben, die sich in keinster Weise an der Aufklärung der erbarmungslosen RAF-Verbrechen beteiligt haben."
Zachert sagte, der "Massenmörder" Klar sei "ein Eisblock, ein Mann ohne Reue". Auch befürchte er, dass der "manisch verbohrte" Verbrecher in Freiheit womöglich wieder gefährlich werden könnte, insbesondere deshalb, weil auch seine frühere Vertraute und einstige RAF-Kommandantin Brigitte Mohnhaupt freikommen werde.
Mohnhaupt hat nach 24 Jahren gute Chancen auf Entlassung aus dem Gefängnis, nachdem der Vertreter der Bundesanwaltschaft am Oberlandesgericht Stuttgart beantragt hat, die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Über Klar wird derzeit ein Gutachten erstellt. Bei günstiger Prognose kann er von Juli an mit Vollzugslockerungen rechnen. Seine reguläre Entlassung ist frühestens im Januar 2009 möglich. Aus den Reihen der RAF sitzen auch noch Eva Haule und Birgit Hogefeld in Haft.
Zwar geht Zachert nicht davon aus, dass Klar wieder Attentate begehen würde. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass er und Mohnhaupt erneut agitieren würden. Klar könnte durchaus wieder "zündeln", so Zachert. Pflieger, der die Anklageschriften gegen Klar und Mohnhaupt mitverfasst hatte, sagte "Focus", er sehe für eine Begnadigung Klars "keinen Raum". Der Häftling habe bislang keine Reue gezeigt, habe nicht ausgesagt und sei auch nicht schwer erkrankt. Eine Begnadigung sei ein "nachträglicher Eingriff in eine gerichtliche Entscheidung" und als solcher nur in seltenen Fällen gerechtfertigt.
Unterdessen schreibt das Magazin "Der Spiegel", Klar habe schon vor Jahren die Folgen seiner Taten bedauert. 2003 habe er an den damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau geschrieben: "Selbstverständlich muss ich eine Schuld anerkennen. Ich verstehe die Gefühle der Opfer und bedauere das Leid dieser Menschen."
Ein rund 130 Seiten starkes Gutachten des Freiburger Kriminologen Helmut Kury über Klar fällt laut "Spiegel" positiv aus. Es liege inzwischen im Stuttgarter Justizministerium vor und solle ans Präsidialamt in Berlin übermittelt werden.
Quelle: ntv.de