Peinliche Senatswahl Schlechter Start für Rot-Rot
17.01.2002, 00:00 UhrDie Hauptstadt Berlin wird zwölf Jahre nach dem Mauerfall erstmals von einem rot-roten Senat regiert. Die Wahl des neuen Abgeordnetenhauses wurde allerdings von Pannen begleitet.
Zu einem Eklat kam es, als der SPD-Landeschef Peter Strieder im ersten Wahlgang für das Amt des Stadtentwicklungssenators durchgefallen war. Ihm fehlten mindestens acht Stimmen aus dem eigenen Lager. Im zweiten Durchgang erhielt er mit 75 zu 65 Stimmen dann die erforderliche Mehrheit.
Strieder abgestraft
Gegen Strieder waren Vorwürfe laut geworden, er habe privat in einen umstrittenen Immobilien-Fonds der in Schieflage geratenen Bankgesellschaft investiert. Der Fonds habe ungewöhnlich gute Konditionen geboten. Zudem war innerhalb der SPD ein Streit über die Auswahl der Senatsmitglieder entbrannt. Vor allem die Frauen in der Partei waren unzufrieden, weil im neuen Abgeordnetenhaus nur zwei von neun Senatoren weiblich sind.
Zuvor war Klaus Wowereit erneut zum Regierenden Bürgermeister Berlins gewählt worden. Er erhielt 74 von 140 abgegebenen Stimmen. 66 Abgeordnete stimmten gegen den SPD-Politiker, der seit Juni vorigen Jahres an der Spitze eines von der PDS tolerierten rot-grünen Minderheitssenates gestanden hatte.
Protest gegen SED-Nachfolger
PDS-Spitzenpolitiker Gregor Gysi wurde als bundesweit erster Vertreter seiner Partei zum Wirtschaftssenator gwählt und ist zugleich Stellvertreter Wowereits. Er erhielt 70 Stimmen bei 67 Gegenstimmen. Nach der Wahl Gysis warfen Opfer des SED-Regimes Flugblätter mit Vorwürfen gegen die PDS von der Tribüne. Ebenfalls mit 70 Stimmen wurde Klaus Böger (SPD) als Bildungssenator im Amt bestätigt.
Überschattet wurde die Wahl auch vom Vorwurf des Wahlbetrugs. Parlamentspräsident Walter Momper gab an, ein amtierender Beisitzer hätte beobachtet, wie PDS Fraktionschef Harald Wolf bei der Wahl von Finanzsenator Thilo Sarrazin zwei Stimmzettel eingeworfen haben soll. Wolf wies den Vorwuf als "ungeheuerlich" zurück. Die Wahl Sarrazins wurde wiederholt. Er erhielt im zweiten Wahlgang mit 73 Ja-Stimmen bei 65 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen um fünf Stimmen besser ab als im ersten Durchgang.
Quelle: ntv.de