Überhangmandate unterschätzt Schröder kritisiert SPD-Spitze
25.09.2009, 16:50 UhrIn der SPD gibt es laut "Spiegel" interne Kritik daran, dass die Partei nicht im Sommer gemeinsam mit Grünen und Linken eine Wahlrechtsänderung durchgesetzt hat, um Verzerrungen des Wahlergebnisses durch Überhangmandate auszuschließen. Unter anderem habe der frühere Kanzler Gerhard Schröder im kleinen Kreis gesagt, er hätte damals einen Bruch mit der Union in Kauf genommen. Die Parteispitze habe jedoch die strategische Bedeutung der Überhangmandate unterschätzt.

Was der Altkanzler unterschlägt: Seine Fehleinschätzung der Verteilung der Überhangmandate führte zu seinem indiskutablen Auftritt bei der Elefantenrunde 2005.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Dennoch versuchen die Sozialdemokraten kurz vor der Wahl, der CDU ihren von den Experten vorhergesagten Vorteil zu nehmen. Falls nach der Bundestagswahl die Überhangmandate den Ausschlag für die Bildung einer neuen Bundesregierung geben, werde es eine Klagewelle geben, sagte SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz: "Es wird zehntausende Anfechtungen geben, der Ärger der Bürger wird riesengroß". Zwar räume er solchen Klage nur geringe Erfolgschancen ein, politisch wäre dies jedoch "ein Desaster". Er nannte es "eine Schande", dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen mangelnden Problembewusstseins in dieser Frage "ein massives Demokratiedefizit" in Kauf nehme.
Auch FDP äußert Bedenken
Links-Fraktionschef Gregor Gysi kündigte im "Spiegel" an, seine Partei werde nach der Wahl prüfen lassen, ob eine Klage gegen Überhangmandate aussichtsreich sei. "Eine Regierung darf nicht auf verfassungswidriger Basis gegründet werden", sagte Gysi. "Das hat es noch nie gegeben, dass eine Minderheit, die von der Mehrheit nicht gewollt ist, regiert", sagte auch der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, dem "Spiegel". Er sagte, auch die Grünen würden rechtliche Schritte prüfen.
Skeptisch zur Nutzung von Überhangmandaten äußerte sich auch Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP). Er habe ein "ungutes Gefühl", wenn er an eine mögliche schwarz-gelbe Mehrheit durch solche Mandate denke, sagte er dem SWR. "Es wäre ein Skandal, wenn die Regierung nicht dem Willen des Volkes entspricht", erklärte der Sprecher der Organisation "Mehr Demokratie", Michael Efler.
Überhangmandate entstehen dann, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenanteil zustehen würden. Meinungsumfragen zufolge dürfte bei der Bundestagswahl am Sonntag besonders die CDU davon profitieren.
Quelle: ntv.de, dpa