Politik

Kohls Nazi-Vergleich Schröder mischt mit

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat seinen Amtsvorgänger Helmut Kohl (CDU) wegen dessen angeblichen Göring-Vergleichs scharf kritisiert. "Ich erwarte eine Entschuldigung. Der Vergleich war unanständig und unhistorisch", sagte Schröder bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung am Dienstag in Mainz. "Es muss Grenzen geben auch in zugespitzten Wahlkampfzeiten."

Auch Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) erwartet eine Entschuldigung Kohls. Laut Berliner "Tagesspiegel" sprach sie von einer Ungeheuerlichkeit. Mit Hinweis auf einen früheren Vergleich zwischen dem ehemaligen sowjetischen Präsidenten Michil Gorbatschow und dem NS-Propagandaminister Joseph Goebbels sagte sie: "Wenn Kohl so etwas erneut gesagt hat, sollte er sich schnell dafür entschuldigen."

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" soll Kohl über den Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) in kleiner Runde gesagt haben: "Das ist der schlimmste Präsident seit Hermann Göring." Der Nationalsozialist Göring war in der Nazi-Zeit (1933 bis 1945) Reichstagspräsident.

Kohl greift Thierse an

Kohl (CDU) hat den ihm vorgeworfenen Vergleich auch am Dienstag ausdrücklich nicht dementiert. Stattdessen warf er Thierse in einer in Berlin verbreiteten schriftlichen Mitteilung vor, sein Amt parteiisch zu führen.

Es liege ihm fern, ein Mitglied einer demokratischen Partei Deutschlands mit einem Mitglied einer totalitären Partei zu vergleichen, sagte Kohl zu dem angeblichen Nazi-Vergleich. Allerdings sei Thierse der Bundestagspräsident, "der sein Amt am parteiischsten ausübt", fügte der ehemalige Bundeskanzler hinzu.

Kleine Rache?

Nach Ansicht des Verfassungsrechtlers und Parteienforschers Martin Morlok sind die Angriffe der Union gegen Thierse nicht gerechtfertigt. "Ich finde, Herr Thierse macht einen sehr guten Job", sagte Morlok den "Stuttgarter Nachrichten". Er habe vielmehr den Verdacht, Thierse habe sich durch seine Rolle bei derAufklärung der CDU-Spendenaffäre bei der Union unbeliebt gemacht. Dazu sei er jedoch von Amts wegen verpflichtet gewesen, meinte der Düsseldorfer Hochschullehrer.

"Belauscht und abgehört"

Den Spiegel-Redakteuren warf der Altbundeskanzler unsauberen Journalismus vor. Es sei ein "unerträglicher Zustand, dass private Gespräche im Bundestagsrestaurant von Journalisten belauscht beziehungsweise abgehört werden", sagte Kohl. Das habe "nichts mit seriösem Journalismus zu tun". Ein Sprecher des Hamburger Nachrichtenmagazins wies Kohls Vorwürfe zurück. "Hören ist nicht Abhören. Wenn der Ex-Kanzler sich in einem nicht-privaten Raum so lautstark äußert, muss er damit rechnen, dass auch andere es hören."

Quelle: ntv.de

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