Radikale Arbeitsmarkt-Reform Schröder rührt Werbetrommel
26.06.2002, 10:11 UhrBundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will bei den Gewerkschaften für die Vorschläge der Hartz-Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes werben. Er werde nach der Rückkehr vom G-8-Gipfel in Kanada mit den wichtigsten Gewerkschaftsführern über die Vorschläge sprechen, sagte Schröder in Ottawa.
"Das ist eine große Chance, Bewegung in den deutschen Arbeitsmarkt zu bringen, ohne den sozialen Zusammenhalt zu gefährden", so Schröder. Die Kommission um den VW-Personalvorstand Peter Hartz will die Arbeitsvermittlung durch höhere Anreize verbessern, mit einer stärkeren Förderung der Selbstständigkeit die Schwarzarbeit bekämpfen und die Leiharbeit ausweiten.
Die Zumutbarkeitsregeln bei der Stellensuche sollen vor allem für junge allein Stehende verschärft werden. Eine Pauschalierung des Arbeitslosengeldes in drei Stufen soll in den Arbeitsämtern mehr Kapazitäten für Arbeitsvermittlungen schaffen. Nach längerer Zeit der Arbeitslosigkeit soll es nur noch ein Sozialgeld etwa in Höhe der Sozialhilfe geben.
Riester zuversichtlich
Im ZDF zeigte Bundesarbeitsminister Walter Riester sich "überzeugt, dass es uns jetzt gelingt, den großen Wurf zu machen". Voraussetzung sei, dass es gerecht zugehe. Jungen Arbeitslosen könne mehr zugemutet werden als Vätern mit drei Kindern. "Diejenigen, die beweglich sind und sich bewegen können, die werden mehr Druck haben."
Auch der Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, würdigte die Vorschläge der Kommission. Das Gesamtkonzept stimme, sagte Struck im Deutschlandfunk. Er beteuerte, "dass es keinen sozialen Kahlschlag geben wird".
Stoiber aufgeschlossen
Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber kündigte unterdessen an, zentrale Teile des Hartz-Konzeptes im Fall eines Wahlsieges in die Tat umzusetzen. Konkret nannte der Kanzlerkandidat die Förderung von Einstiegs- und Niedriglöhnen, die Unterstützung der Selbstständigkeit und die Einrichtung von Jobcentern zur besseren Vermittlung von Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern.
Als "unausgegoren und sozial ungerecht" wies Stoiber dagegen die Vorschläge zur Pauschalierung und Kürzung des Arbeitslosengeldes zurück. Unverantwortlich sei es außerdem, alle Arbeitslosen über 55 Jahren in die Rente zu drängen.
Quelle: ntv.de