Politik

Beck noch unentschlossen Schröder warnt vor Linksruck

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder steht hinter seinem potentiellen Nachfolger Kurt Beck und der SPD-Chef steht hinter der Politik seines Vor-Vor-Vorgängers. Aber ob die beiden wirklich so übereinstimmen wie sie behaupten, darf bezweifelt werden.

Schröder jedenfalls nahm die Laudatio für SPD-Urgestein Hans-Jochen Vogel bei der Verleihung des Heinrich-Albert-Friedenspreises zum Anlass, seine Partei vor einem Linkskurs zu warnen. "Die SPD kann nur dann mehrheitsfähig sein, wenn sie in der Mitte der Gesellschaft verankert ist und diese nicht verlässt", sagte Schröder. Eine Ausrichtung auf die Mitte sei das Fundament für die sozialdemokratischen Wahlerfolge in den 70er Jahren sowie unter seiner Kanzlerschaft nach 1998 gewesen. "Dieses Fundament darf die Partei nicht verlassen, wenn sie erfolgreich bleiben will. Denn die SPD ist die Partei des aufgeklärten Bürgertums", fügte Schröder hinzu.

Nach seinen Worten darf es sich die SPD nicht gefallen lassen, dass sich Union und FDP als "bürgerliches Lager" definieren. Dahinter stecke der Versuch, die Sozialdemokraten auszugrenzen. Mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit habe diese Einteilung nichts zu tun. Deshalb müsse sich die SPD solchen Versuchen entschieden widersetzen.

Beck mehr dafür als dagegen - oder andersrum

Schröder dankte Vogel ausdrücklich für seine persönliche Unterstützung bei der vor exakt fünf Jahren in Gang gesetzten Reform-"Agenda 2010". Vogel sprach dem Ex-Kanzler wegen dieses Schritts "gerade heute" besondere Anerkennung aus. Neben der Ablehnung des Irak-Kriegs gegen den Widerstand von großen Teilen der Opposition und der veröffentlichten Meinung in Deutschland verdiene die Entscheidung für die Agenda besonderen Respekt.

Kurt Beck wiederum wirbt nun an der Basis für seine Politik des Zugehens auf die Linkspartei. In der am Donnerstag erschienenen Ausgabe der Zeitschrift "Vorwärts", die alle SPD-Mitglieder erhalten, begründet er die Öffnung für eine Zusammenarbeit mit der Linken auch in Westdeutschland mit der blockierten Lage in Fünf-Parteien-Parlamenten, wie etwa in Hessen.

Beck reagiert auch auf Fragen nach einem "Wortbruch" der SPD. "Es ist aufgrund des Wählervotums und der Blockadehaltung insbesondere der FDP bisher nicht möglich, alles genauso zu machen, wie wir es uns vorgenommen haben." In dieser Situation müsse die Entscheidung über eine solche Kooperation der hessischen SPD überlassen bleiben. Für den Bund schließt Beck in dem Beitrag für 2009 eine Kooperation mit der Linkspartei erneut aus. Von einem Parteimitglied wird Beck gefragt: "Welcher Teufel hat Dich geritten, die Linkspartei-Debatte eine Woche vor der Hamburg-Wahl loszutreten?" In seiner Antwort verweist der Vorsitzende auf seine Aussagen in einem Hintergrund-Gespräch und entschuldigt sich für sein Vorgehen: "Ich hätte damit rechnen sollen, dass diese Anmerkung in vertraulicher Runde nicht vertraulich bleibt. Diese Irritationen bedauere ich."

Kluft in der SPD

An anderer Stelle springt Beck Schröder zur Seite, allerdings mit einem Ja-Aber. Dank der Agenda-Politik Schröders gebe es heute wieder beachtliche Wachstumsraten und eine Million zusätzliche Arbeitsplätze in Deutschland, sagte Beck in einem Interview. Allerdings müsse die große Koalition "die eine oder andere soziale Verträglichkeit" wiederherstellen. "Wir müssen weiter darauf hinwirken, dass die Erfolge der Agenda bei allen Menschen ankommen", so Beck.

Schröders Agenda-Politik hatte zu einer tiefen Kluft bei den Sozialdemokraten geführt. Gut 80.000 Parteiaustritte musste die SPD zum Höhepunkt des Agenda-Streits zwischen 2003 und 2004 verkraften. Wie viele Genossen der SPD aufgrund der Beckschen Strategie-Überlegungen den Rücken kehren - oder ob es gar Zuwächse zu verzeichnen gibt - wird man erst in einigen Monaten sehen.

Quelle: ntv.de, mit dpa / rts

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