Politik

Uranhaltige US-Munition Schröder will von NATO Aufklärung

Die Debatte um mögliche Krebserkrankungen von Balkan-Soldaten durch Uran-Munition weitet sich aus. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat sich derweil für einen Verzicht der NATO auf uranhaltige Munition ausgesprochen.

In der NATO müsse darüber gesprochen werden, ob uranhaltige Munition weiter verwendet werden sollte, sagte er in Hannover. "Ich jedenfalls halte es nicht für richtig, eine solche Munition zu verwenden." Gleichzeitig forderte Schröder eine rückhaltlose Aufklärung möglicher Gesundheitsgefahren. Deutschland werde deshalb im NATO-Rat am Dienstag diese Position Italiens unterstützen.

US-Außenministerin Madeleine Albright erklärte in New York, dass es keinerlei wissenschaftliche Beweise für einen Zusammenhang zwischen Uran-Munition und Leukämie-Erkrankungen gebe. Das meinte auch ein Sprecher von NATO-Generalsekretär George Robertson in Brüssel. Es handele sich um Standard-Munition, sagte Albright. Auch Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärten, sie hielten es für unwahrscheinlich, dass uranhaltige Munition bei Soldaten auf dem Balkan Blutkrebs ausgelöst habe.

Die Grünen-Chefin Renate Künast verlangten von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) , sich bei der NATO für ein Verbot einzusetzen. Grünen-Wehrexpertin Angelika Beer warf Scharping zudem eine mangelhafte Informationspolitik vor.

Gesundheits-Check für deutsche Soldaten

Das Verteidigungsministerium lässt unterdessen alle Leukämie-Fälle in der Bundeswehr darauf prüfen, ob die erkrankten Soldaten auf dem Balkan eingesetzt waren. Allerdings sieht Scharping keinen Anlass für die Untersuchung aller bisher in der Region stationierten deutschen Soldaten. Der SPD-Politiker war wegen des ersten Leukämie-Falls eines deutschen Soldaten nach einem Balkan-Einsatz unter massiven Druck geraten.

Die118 bisher getesteten deutschen Balkan-Soldaten seien in Gebieten tätig gewesen, in denen sie potenziell der Munition ausgesetzt gewesen sein könnten. Die Bundeswehr schließt nach einem Zeitungsbericht eine Verseuchung deutscher Balkan-Soldaten durch uranhaltige Munition aus.

Der Minister äußerte Zweifel, dass die Erkrankung des Stabsunteroffiziers Christian Büthe mit dessen Bosnien- Einsatz zu tun habe: "Wenn die behandelnden zivilen Ärzte von der Schweigepflicht entbunden sind, ist eine vollständige Nachprüfung möglich." Einem Bundeswehr-Sprecher zufolge gibt es bisher keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der an Leukämie erkrankte ehemalige Zeitsoldat bei seinem Einsatz in Bosnien mit Uran-Munition in Kontakt gekommen war.

Uran-Munition in der Kritik

Unterdessen hat sich der Bundeswehrverband für ein Verbot von Uran-Munition ausgesprochen. Es gebe inzwischen Alternativen ohne Strahlung, die als panzerbrechende Waffen eingesetzt werden können, betonte der Verbandsvorsitzende, Oberst Bernhard Gertz, im ZDF. Ein Restrisiko für Soldaten und Zivilbevölkerung wollte Gertz jedoch nicht ausschließen.

Auch Jens-Peter Steffen, Sprecher der Internationalen Vereinigung Ärzte für Verhütung eines Atomkriegs (IPPNW), geht von langfristigen Belastungen vor allem für die einheimische Bevölkerung aus. Bei der Detonation der Waffen sei es wahrscheinlich zu einer Feinverteilung des radioaktiven Materials gekommen, sagte Steffen gegenüber n-tv.de. Welche Auswirkungen dies z.B. für die Belastung von Trinkwasser und Agrarprodukten habe, sei noch nicht abzusehen.

Scharping war nach Medienangaben bereits zu Beginn des Kosovo-Einsatzes im Juli 1999 von der Nato über mögliche Gefahren der Uran-Munition informiert worden. Die Bundeswehr hat nach Angaben eines Sprechers seinerzeit sofort reagiert. Es seien eindeutige Befehle für das Verhalten bei radioaktiv verseuchten Gebieten und von Uran-Munition zerstörten Zielen erteilt worden.

Riskante Munition auch in Deutschland

Auch in Deutschland gibt es nach einem Zeitungsbericht Risiken durch den Einsatz uranhaltiger Munition. Das berichtet "Die Welt" unter Berufung auf Bundeswehrkreise. Demnach sei die Munition der in Deutschland stationierten US-Abrams-Kampfpanzer uranangereichert. Die Munition werde in Depots in Deutschland gelagert.

Bundeswehr-Offiziere wollten nicht ausschließen, dass diese Munition auch auf Übungsplätzen in Deutschland verschossen werde, hieß es. Auch die im Kosovo eingesetzten A-10-Flugzeuge der USA schössen mit scharfer Munition auf deutschen Übungsplätzen.

Das Verteidigungsministerium habe erklärt, man gehe davon aus, dass sich die Amerikaner an die Sicherheitsbestimmungen halten und solche Munition nicht verschießen.

Quelle: ntv.de

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