G-8-Gipfel beendet Schröder zweifelt an Arafat
28.06.2002, 00:01 UhrDie sieben führenden Industrienationen und Russland haben die palästinensische Autonomiebehörde zu Reformen und freien Wahlen aufgefordert. Auf dem G-8-Gipfel im kanadischen Kananaskis stieß US-Präsident George W. Bush mit seiner Forderung nach einer Ablösung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat jedoch auf Vorbehalte.
Bundeskanzler Gerhard Schröder ging nach dem Gipfel auf Distanz zu Arafat. Die Schaffung demokratischer Strukturen in den Palästinensergebieten sei wichtiger als Personalfragen, so Schröder. Er sieht vorerst auch keine Chance für eine Nahostkonferenz.
Frankreichs Präsident Jacques Chirac und Kandadas Premierminister Jean Chrtien mahnten, das palästinensische Volk selbst darüber entscheiden zu lassen, wen sie bei den Wahlen aufstellen wollten. Für Bush ist die Ablösung Arafats eine der Bedingungen, einen künftigen Palästinenserstaat anzuerkennen.
Hilfen für Afrika
Zuvor hatte der G-8-Gipfel zum Abschluss einen Aktionsplan für Afrika beschlossen. Dabei setze er in erster Linie auf Hilfe zur Selbsthilfe.
Die mit Vertretern der afrikanischen Staatengruppe auf den Weg gebrachte "Neue Partnerschaft für Afrika Entwicklung (NePAD)" sieht vor, dass die G 8 massive Investitionen in diejenigen afrikanischen Staaten fließen lassen, die den Weg zur Demokratie eingeschlagen haben. Zusätzliche große Finanzpakete wurden allerdings nicht beschlossen.
Erklärtes Ziel des Planes ist, die Zahl in extremer Armut lebender Afrikaner bis 2015 zu halbieren. Korrupte Regierungen sollen bekämpft und neue Märkte eröffnet werden.
UN-Generalsekretär Kofi Annan würdigte den Aktionsplan mit den Worten: "Wenn die Afrikaner realistisch sind und die G 8 ebenso konsequent ist, könnte dieser Aktionsplan als Wendepunkt in Afrika und der Weltgeschichte betrachtet werden.". Bei den Staats- und Regierungschefs der G 8 mahnte Annan mehr Investitionen in Afrika an. Zudem müssten die afrikanischen Staaten auch von einem weiteren Schuldenerlass profitieren.
Als konkrete Maßnahme sicherten die G 8 zu, dass ein bedeutender Anteil der bereits im März beschlossenen Aufstockung der Entwicklungshilfe bis 2006 um zwölf Milliarden Dollar nach Afrika fließen soll. Außerdem soll der Schuldenerlass für arme hochverschuldete Länder um bis zu 1,2 Milliarden Dollar aufgestockt werden.
Die G-8-Politiker trafen vier Initiatoren von NePAD, die Präsidenten aus Algerien, Südafrika, Nigeria und Senegal: Abdelasis Bouteflika, Thabo Mbeki, Olusegun Obasanjo und Abdoulaye Wade.
Russland wird Vollmitglied
Zuvor hatten die G-8-Statten beschlossen, Russland als Vollmitglied in die Gruppe aufzunehmen. Es soll 2006 erstmals den Weltwirtschaftsgipfel ausrichten.
Russland soll bis dahin in das gesamte Gefüge der G 8 und ihrer Untergruppierungen, etwa im Finanzministerbereich aufgenommen werden. Die G-8-Konferenz sprach von einer „historischen Entscheidung“, zehn Jahre, nachdem Russland erstmals als Gast an einem solchen Treffen teilgenommen hatte.
Darüber hinaus wollen die USA und die Europäer Russland mit bis zu 20 Milliarden Dollar (rund 20,3 Milliarden Euro) unterstützen, gefährliches Nuklearmaterial zu beseitigen oder sicher zu lagern.
„Heute haben wir eine historische Entscheidung für die Zukunft der G8 getroffen“, hieß es in einer G-8-Erklärung. Russland habe bewiesen, dass es eine wichtige und sinnvolle Rolle bei der Lösung globaler Probleme spielen könne. Zugleich bedeute die Entscheidung eine Anerkennung der wirtschaftlichen und demokratischen Umwandlung des Landes. Russland war bisher nur teilweise in Prozesse der sieben führenden Industrienationen einbezogen.
Kampf dem Terror
Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wollten die G-8-Staaten noch während ihres Treffens ein Programm ausarbeiten, um nukleare, chemische und biologische Gefahrstoffe speziell in Russland, aber auch in anderen Ländern zu beseitigen oder sicher zu lagern. Die USA und die europäischen Länder wollten für diesen Zweck über zehn Jahre „bis zu 20 Milliarden Dollar“ bereitstellen, sagte der deutsche Gipfel-Beauftragte Alfred Tacke. Davon will die USA zehn Milliarden Dollar, Deutschland 1,5 Milliarden Dollar zahlen. Das Programm solle auch verhindern, dass Terroristen an Risikomaterial herankommen können.
Zur Verhinderung von Attentaten auf den internationalen Verkehr vereinbarten sie eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen für den Flug- und Schiffsverkehr.
Keine Zwischenfälle
Nach den schweren Straßenkrawallen beim Gipfel im italienischen Genua im Jahr zuvor, gab es diesmal überhaupt keine Zwischenfälle. Bei zwei Demonstrationen versammelten sich insgesamt etwa 5.000 Globalisierungsgegner. Die Spitzenpolitiker aus den USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Russland, Italien und Deutschland wurdem vom größten Aufgebot an Sicherheitskräften in der Geschichte des Landes von mehr als 10.000 Polizisten und Soldaten bewacht.
Quelle: ntv.de