Politik

Datenschützer fürchten die totale Vorratsdatenspeicherung Schwarz-Rot setzt auf Einreiseregister

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Große Koalition in spe will beherzter gegen illegale Einwanderer vorgehen: Wer die EU betritt, soll Fingerabdrücke abgeben. Datenschützer sind alarmiert. Manch einer fürchtet, dass die Polizei mit mobilen Scannern jeden prüft, der ausländisch aussieht.

Ein Satz aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD versetzt Europas Datenschützer in Aufruhr. Auf Seite 150 des Papiers heißt es: "Weitere Einreiseerleichterungen nach Europa setzen ein Ein- und Ausreiseregister im europäischen Verbund voraus."

"Spiegel Online" zufolge, die zuerst über den unscheinbaren Satz mit womöglich gewaltiger Bedeutung berichtet haben, offenbart die Bundesregierung in Spe damit ihre Zustimmung zu einem der umstrittensten Datensammelprojekte. Die Rede ist vom EES (Entry/Exit System).

Dabei handelt es sich um ein elektronisches Grenzregister nach US-Vorbild, das EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström durchsetzen möchte. Einreisende in den Schengen-Raum müssen demnach ihre Fingerabdrücke abgeben und den Grenzbehörden zur mindestens sechsmonatigen Speicherung überlassen.

Ziel des EES ist es, illegale Zuwanderer zu stoppen oder zumindest besser zu überwachen. Vor allem geht es um sogenannte "Overstayers", Einwanderer, die mit einem gültigen Visum in den Schengen-Raum kommen und über die Gültigkeit ihres Visums hinaus dort bleiben.

Bundesdatenschutzbeauftragter zweifelt am Nutzen

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte "Spiegel Online": "Weder die geschäftsführende noch eine neue Bundesregierung sollte diese Pläne unterschützen." Ihm sei "nicht ersichtlich, wie die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit einer Datenbank dieses Ausmaßes begründet werden kann". Zudem hält er das EES für untauglich, um gegen "Overstayers" vorzugehen. Das Register erfasst zwar die biometrischen Daten der Einreisenden, sind sie aber erstmal im Schengen-Raum, liefert das Register keine Möglichkeit, ihren Aufenthaltsort auszumachen. Sie könnten genauso gut in Spanien wie in Bulgarien sein. Es sei "unklar, welchen konkreten Beitrag das System überhaupt erbringen kann", sagt Schaar. Die Meinung des obersten deutschen Datenschützers deckt sich "Spiegel Online" zufolge mit der Meinung der meisten Datenschützer in Europa.

Innenminister Hans-Peter Friedrich hat ein ausgebautes europäisches Einreiseregister schon in der Vergangenheit gefordert. Die SPD sperrte sich bisher dagegen. Bei der Einführung des neuen elektronischen Personalausweises 2007 verhinderten die Sozialdemokraten in der früheren Großen Koalition noch, dass die Behörden ein Register mit biometrischen Daten anlegen. Nun konnte die Union den Widerstand in den Koalitionsverhandlungen offenbar brechen. Und die Besorgnis darüber ist nicht nur bei Datenschützern groß. Die migrationspolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament, Ska Keller, sagte: "Ich fürchte, dass die Polizei künftig mit mobilen Fingerabdruckscannern herumläuft und alle kontrolliert, die ausländisch aussehen."

Quelle: ntv.de, ieh

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