G8-Klimaschutzkonferenz Schwellenländer einbinden
15.03.2007, 12:13 UhrIm Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe hält Bundesumweltminister Sigmar Gabriel einen Erfolg nur mit Hilfe der großen Schwellenländer für möglich. Zum Auftakt der G8-Umweltministerkonferenz zusammen mit Ländern wie China und Indien verglich der SPD-Politiker am Donnerstag die Aufgabe mit der Überwindung des Kalten Krieges. "Die Positionen zwischen den Industriestaaten und den Schwellenländern sind noch weit auseinander", sagte er in Berlin.
Für eine Annäherung müsse nun Vertrauen ähnlich wie bei einer Sicherheitspartnerschaft und ein Interessenausgleich geschaffen werden. "Ich glaube, dass es dann auch beim Klimaschutz gehen kann." Ziel müsse es sein, sich auf ein Nachfolgeabkommen des 2012 auslaufenden Kyoto-Vertrags zu einigen. Ein erster Schritt könne dabei bei der Umweltministerkonferenz in Potsdam und dem G8-Gipfeltreffen in Heiligendamm im Juni getan werden.
Im Februar 2005 war das Kyoto-Protokoll in Kraft getreten. 141 Länder verpflichteten sich, den weltweiten Ausstoß von sechs Treibhausgasen bis 2012 um mindestens 5,2 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Die EU-Staaten hatten sich dabei zu einer Verringerung um 8 Prozent, Deutschland allein zu 21 Prozent verpflichtet.
Schwellenländer ins Boot holen
Gabriel will die Umweltminister der fünf großen Schwellenländer China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika, die erstmals an dem jährlichen G8-Treffen teilnehmen, für verstärkten Klimaschutz und Kooperationen gewinnen. Der Chef der Umweltbehörde der Vereinten Nationen (UNEP), Achim Steiner, äußerte die Erwartung, dass sich die G8-Staaten auf umfassende Klimaschutzziele einigen. "Ich glaube, die Möglichkeit, dass dies geschieht, ist um ein Vielfaches höher als noch vor zehn Tagen", sagte er zuvor im Bayerischen Rundfunk. Steiner ist wie auch EU-Umweltkommissar Stavros Dimas Teilnehmer der Potsdamer Konferenz. Zur G8-Gruppe gehören die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada.
"Die Interessenlage der Entwicklungs- und Schwellenländer steht am Anfang der Debatte", betonte Gabriel. Sie hätten häufig den Eindruck, dass die Klimaverpflichtungen nur ihre Entwicklung hemmen solle. Zum Interessenausgleich gehöre etwa, ihnen im Rahmen der Welthandelsrunde von Doha deutlich entgegen zu kommen, regte Gabriel an.
Wenn es bei den Schwellenländern beim Klimaschutz Fortschritte gebe, würden auch die USA als weltgrößter Emittent des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) nicht länger außen vor bleiben. "Ich glaube, dass die USA dann am Ende kommen werden", sagte Gabriel voraus. Dies gelte vor allem, wenn der weltweite Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten in Schwung komme. "Die USA werden es nicht zulassen, dass es einen funktionierenden Finanzmarkt gibt, an dem sie sich nicht beteiligen."
Ohne USA kein weltweiter Klimaschutz
Der Chef der UN-Umweltbehörde verwies auf Erfolge von Schwellenländern wie Brasilien im Kampf gegen die Abholzung des Regenwaldes. Daher sei es wichtig, dass die großen Industrienationen mit im Kampf gegen den Klimawandel dabei seien. "Ohne Amerika wird es keinen internationalen Klimaschutz geben", sagte Steiner.
Die Verständigung der Europäischen Union auf mehr Klimaschutz beim EU-Gipfel ist Gabriel zufolge dabei eine wichtige Etappe. Eine weitere könne das Treffen der G8-Regierungschefs sein. Ende des Jahres müssten auf der UN-Weltklimakonferenz in Bali die Weichen für ein internationales Abkommen für die Zeit nach 2012 gestellt werden.
Die EU hatte sich in Brüssel verpflichtet, bis 2020 mindestens 20 Prozent weniger CO2 auszustoßen als 1990. Wenn weitere große Industrie- und Schwellenländer mitmachen, soll das EU-Ziel auf 30 Prozent steigen. Diese zusätzlichen Anstrengungen sollen in erster Linie über EU-Projekte in Schwellen- und Entwicklungsländern umgesetzt werden.
Erhalt der Artenvielfalt
Neben dem Klimaschutz soll auch über den Erhalt der Artenvielfalt diskutiert werden. Gabriel stellte in Aussicht, dass die Länder für dieses Problem einen ähnlichen Bericht wie den zum Weltklima des Ökonomen Nicolas Stern in Auftrag geben würden.
Die Regierungschefs hätten sich auf dem Nachhaltigkeitsgipfel in Johannesburg 2002 das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Verlust an biologischer Vielfalt bis zum Jahr 2010 erheblich zu reduzieren. Drei Jahre vor dieser Marke ist die Weltgemeinschaft von diesem Ziel allerdings noch weit entfernt. Gabriel: "Wir müssen unsere Anstrengungen deutlich erhöhen, wollen wir das selbst gesetzte Ziel noch erreichen. Als die Länder mit der höchsten Wirtschaftskraft und als die größten Verbraucher von biologischen Ressourcen haben die G8-Staaten eine besondere Verantwortung, durch entschiedenes Handeln den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen zu gewährleisten."
Zur Tagung von G8 und fünf Schwellenländern sagte Gabriel: "Ein Treffen in dieser Zusammensetzung bringt die Verursacher von rund zwei Dritteln der globalen Treibhausgasemissionen und die Nutzer von etwa drei Vierteln der biologischen Kapazität der Erde zusammen."
Treffen mit NGOs
Vor Beginn der Konferenz kam Gabriel mit Vertretern von Nicht-Regierungsorganisationen wie Greenpeace, WWF und BUND zusammen. Diese forderten von den Ministern entschlossenes Handeln. Greenpeace-Geschäftsführerin Brigitte Behrens sprach von einem historischen Moment: Noch nie zuvor war es den Menschen so bewusst, wie bedroht das Klima sei. Es gehe jetzt darum, Heiligendamm zum Klimakrisengipfel zu machen. Die Staats- und Regierungschefs sollten sich dort auf eine 30-prozentige Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 verpflichten.
Quelle: ntv.de