Sicherungsverwahrung vor Reform Schwerverbrecher sorgen für Zoff
22.07.2011, 12:58 Uhr
Der Sicherungsverwahrung wurde gerichtlich eine umfassende Reform verordnet.
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"Wegschließen" und "Wohlfühlprogramm für Kinderschänder": Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger muss sich einiges anhören aus den eigenen Reihen. Sie muss die Sicherungsverwahrung für Schwerverbrecher völlig neu regeln - und eckt mit ihren Ideen kräftig an.
Der Streit um die Sicherungsverwahrung für Schwerverbrecher ist wieder voll entbrannt. Mehrere Landesminister werfen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vor, mit ihren Eckpunkten für die bis 2013 anstehende Reform die Sicherheit von Frauen und Kindern aufs Spiel zu setzen. Die FDP-Ministerin wies die Kritik entschieden zurück und hielt den Landesministern "unverantwortliche Stimmungsmache" vor. Sie erinnerte daran, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Grundsatzurteil im Mai entsprechende Vorgaben gemacht hat.
Es sei unverantwortlich, so zu tun, als gehe einen das Urteil aus Karlsruhe nichts an, erklärte die Ministerin. "Es ist unverantwortlich, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, nach dem Karlsruher Urteil entstünden Sicherheitslücken." Nötig sei eine vernünftige Debatte, die an einer Lösung orientiert sei. Leutheusser-Schnarrenberger betonte, sie suche einen "möglichst breiten Konsens" auf Bundes- und Landesebene. Sie hat den Ländern Eckpunkte für die Neuregelung vorgelegt und die Staatssekretäre für den 16. August zu Beratungen eingeladen.

Leutheusser-Schnarrenberger eckt an mit ihren Plänen. Doch was ist die Alternative?
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Nach den Plänen Leutheusser-Schnarrenbergers müssen die Täter schon in der Strafhaft intensiv psycho- oder sozialtherapeutisch behandelt werden. Gibt es keine Behandlung, soll der Täter nach der Haft nicht mehr in Sicherungsverwahrung genommen werden dürfen. Ein Gutachter muss die Gefährlichkeit eines Verurteilten am Ende der Haftzeit zwingend bestätigen, bevor die Sicherungsverwahrung vollstreckt werden darf. In regelmäßigen Abständen muss überprüft werden, ob die Verwahrung beendet werden kann. Die Verwahrten sollen Therapieangebote auch gerichtlich durchsetzen können.
"Wegschließen"
Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) warf der Justizministerin vor, mit diesem Konzept "die Sicherheit von Frauen und Kindern aufs Spiel" zu setzen. Die praktischen Erfahrungen vor allem mit Sexualstraftätern zeigten, "dass Therapie in einer ganzen Reihe von Fällen keinen Erfolg haben wird." Es dürfe niemand "trotz erwiesener Gefährlichkeit" freigelassen werden.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte: "Wir brauchen kein Wohlfühlprogramm für Vergewaltiger und Kinderschänder. Der Schutz der Bevölkerung hat absoluten Vorrang." Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) warnte davor, "grundsätzliche Regelungen einzuführen, die die Sicherheit besonders von Kindern gefährden könnten." Sein niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann (CDU) forderte laut "Bild"-Zeitung: "Im Zweifelsfall bei Sextätern: wegschließen." Auch aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen war Kritik gekommen.
Rückendeckung bekam die Ministerin von der Linken. Der Justizexperte der Linksfraktion, Wolfgang Neskovic, warf den Kritikern aus den Ländern vor, das Karlsruher Urteil nicht gelesen zu haben. "Wer so tut, als könne man trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts die populistische Gesetzgebung der letzten zwei Jahrzehnte fortschreiben, erweist sich als Verfassungsfeind, bestenfalls als Verfassungsignorant." Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, verwies darauf, dass nicht therapierbare oder therapieunwillige Täter in Sicherheitsverwahrung blieben. Dafür werde eine verpflichtende, frühe Begutachtung von Sexualstraftätern sorgen.
Quelle: ntv.de, dpa