Innenminister-Konferenz Scientology-Verbot geplant
07.12.2007, 07:15 UhrDie Innenminister von Bund und Ländern streben ein Verbot der Scientology-Organisation an. Alle Minister seien sich einig, dass Scientology verfassungsfeindliche, zum Teil totalitäre Ziele verfolge, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD), in Berlin. Ferner will die IMK der rechtsextremen NPD die Finanzierung erschweren. Ein neuerlicher Verbotsantrag gegen die Partei war nach dem 2003 gescheiterten Verfahren jedoch kein Thema. Unverändert blieben die Positionen im Streit über die Online-Durchsuchungen.
Um gegen Scientology vorgehen zu können, erteilte die IMK dem Verfassungsschutz einen entsprechenden Prüfauftrag. Unter Federführung des Bundes sollen Informationen gesammelt werden, "die für ein mögliches vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren mit dem Ziel eines Verbotes erforderlich sind". Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) sagte, Scientology stehe für "hundsgewöhnliche Kriminalität". Menschen würden teils "hochkriminell" in die Abhängigkeit getrieben.
Scientology wehrt sich
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) äußerte sich zurückhaltender. Nach derzeitigem Stand lägen die Voraussetzungen für ein Verbot noch nicht vor. In einer unmittelbaren Reaktion auf die IMK bestritt Scientology, verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen. In Deutschland gebe es mittlerweile über 50 Gerichtsentscheidungen, die Scientology als Religionsgemeinschaft bestätigten.
Bei der Bewertung der NPD sind sich die Innenminister laut Körting völlig einig über die Verfassungsfeindlichkeit der Partei. "Wir sind gemeinsam im Kampf gegen diese braune Pest." Über ein Verbotsverfahren gehen die Auffassungen jedoch weiter auseinander. Während vor allem SPD-Politiker einen zweiten Anlauf wagen wollen, hält die Union einen neuen Gang nach Karlsruhe für aussichtslos. Schäuble sagte: "Wir werden ein Verbotsverfahren nur in Gang setzen, wenn wir bei den Erfolgsaussichten sicher sind." Bis kommenden März werde eine auf Wunsch der SPD angestoßene Materialsammlung fertig. 2003 hatte das Bundesverfassungsgericht die von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat angestrebten Verbotsverfahren wegen der unklaren Rolle von V-Leuten des Verfassungsschutzes eingestellt.
Prävention gegen Rechtsextremismus
Die Innenminister bauen jetzt auf Prävention gegen Rechtsextremismus und setzen beim Geld an. Parteinahe Bildungseinrichtungen mit verfassungsfeindlichen Zielen könnten nicht gemeinnützig sein. Ihnen dürfen nach Auffassung der IMK keine staatlichen Mittel zukommen. Nach Angaben Körtings erhält derzeit noch keine NPD-nahe Stiftung staatliche Zuschüsse, weil die NPD noch nicht lange genug in Landtagen vertreten sei. Körting regte an, in der Abgabenordnung festzuschreiben: Wer verfassungsfeindlich sei, könne nicht gemeinnützig sein. Stegner sagte, man dürfe Verfassungsfeinde nicht öffentlich alimentieren.
Über die mit der Föderalismusreform beschlossenen zusätzlichen Kompetenzen für das Bundeskriminalamt (BKA) bei der Bekämpfung des Terrorismus sind sich die Innenminister grundsätzlich einig. "Wir brauchen ein neues BKA-Gesetz", sagte Körting. Das Gesetzgebungsverfahren ist aber noch nicht in Gang gekommen, weil die Union mit dem BKA-Gesetz auch die umstrittenen Online-Durchsuchungen von Computern Terrorverdächtigter einführen will. Die SPD will erst die anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwarten. Schäuble sagte, die Regierung werde einen Gesetzentwurf nur vorlegen, wenn dem BKA damit auch die Online-Durchsuchung erlaubt werde. Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) warnte, dass es bei weiteren Verzögerungen in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu einer Novellierung des BKA-Gesetzes kommen könnte.
Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, kritisierte, Forderungen nach einem Verbot von NPD und Scientology seien zwar populär, die Erfolgsaussichten jedoch zweifelhaft. Die Linken sprachen von "Spiegelfechterei".
Quelle: ntv.de