Politik

Nach dem CSU-Desaster Seehofer bittet um Zusammenhalt

Die CSU hat im Europaparlament an Einfluss verloren. Seehofer bittet um "Zusammenstehen und Zusammenhalt".

Die CSU hat im Europaparlament an Einfluss verloren. Seehofer bittet um "Zusammenstehen und Zusammenhalt".

(Foto: dpa)

Nach der Bundestagswahl war CSU-Chef Seehofer für seine Partei der strahlende Held. Jetzt steht er als Verlierer da - und bittet seine Partei fast schon demütig um Ruhe. Doch das Grummeln hat längst begonnen.

Totenstille bei den Hochrechnungen, eilig die Wahlparty verlassende Funktionäre - die Stimmung nach der Europawahl erinnert an die Landtagswahl 2008, als die CSU die absolute Mehrheit in Bayern verlor. Nur noch 40 Prozent der Bayern haben am Sonntag CSU gewählt - ein historisches Desaster. Das erste Grummeln gegen CSU-Chef Horst Seehofer ist schon zu hören.

Seehofer hatte als Wahlziel für seine Partei ausgegeben, wie zuletzt wieder acht Sitze im europäischen Parlament zu holen. Nun sind es wohl trotz seines schlagzeilenträchtigen Wahlkampfs mit der populistischen Parole "Wer betrügt, der fliegt" nur noch fünf. Beim Auftritt vor seinen Parteianhängern versucht der CSU-Chef erst gar nicht, irgendetwas zu beschönigen. "Dies ist eine bittere Stunde", sagt Seehofer. Doch eine Analyse halte er noch für "sehr schwierig". Allein die fehlende Mobilisierung der Anhänger fällt ihm als möglicher Grund ein.

Die fehlende Wählermobilisierung scheint die in der ersten Reihe der Christsozialen abgesprochene Pleiteanalyse zu sein. Generalsekretär Andreas Scheuer verweist ebenso darauf wie Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt oder die stellvertretende Ministerpräsidentin Ilse Aigner. Doch in der zweiten Reihe der CSU-Führungsriege fällt die Analyse differenzierter aus - und kritischer für Seehofer.

Der erfahrene Europaparlamentarier Bernd Posselt, der wohl seinen Sitz verloren hat, hätte lieber einen positiveren Europawahlkampf geführt. Der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich, der als einer der Bezirkschefs nach wie vor ein Wort in der CSU mitzureden hat, zielt mit seiner Analyse auch auf Seehofer: Das Wahlprogramm von CDU und CSU unterscheide sich deutlich, doch die Politik der Schwesterparteien unterscheide sich nicht. "Die Bürger müssen auch glauben, dass wir das umsetzen, was wir versprechen. Weniger zu versprechen, wäre da vielleicht besser", sagt Friedrich.

"Der Spagat war zu groß"

Und Max Straubinger, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, wirft Seehofer vor, mit der Entscheidung, einerseits den Europakritiker Peter Gauweiler zum stellvertretenden Parteichef gemacht zu haben und andererseits für Europa sein zu wollen, die Wähler überfordert zu haben. "Da wird der Spagat zu groß", sagt Straubinger. Auch bei der Euro-Rettung habe die CSU unter Seehofer eine schwierige Haltung eingenommen. Da habe es Forderungen nach einem Rauswurf Griechenlands aus dem Euro gegeben, gleichzeitig habe seine Partei - nach seiner Meinung "zu Recht" - im Bundestag für alle Rettungsschirme gestimmt. "Das ist schwierig, den Wählern klar zu machen."

Der äußerst erfahrene Seehofer weiß, wie aus solchen Stimmen schnell destruktive Stimmungen werden können. Er war selbst dabei, als 2008 nach der Landtagswahl Erwin Huber und Günther Beckstein von der CSU im kurzen Prozess rasiert wurden. Deshalb mahnt er in seiner ersten Reaktion zur Ruhe und zur "sorgfältigen Analyse". "Ich bitte da auch einfach um Zusammenstehen und Zusammenhalt", sagt Seehofer.

Ob ihm die Partei diesen Zusammenhalt noch geben wird, wird sich wohl in den nächsten Wochen weisen: In Bayern gibt es bis zu dem von Seehofer für die Landtagswahl 2018 geplanten Wechsel in den Ruhestand keine Wahlen mehr. Die Dankbarkeit für die Erfolge bei der Landtags- und Bundestagswahl im vergangenen September könnte da durch das Desaster vom Sonntag schnell aufgebraucht sein - und in die Suche nach einem neuen Hoffnungsträger münden.

Quelle: ntv.de, Ralf Isermann, AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen