Politik

Etappenerfolg auf dem EU-Gipfel Seehofer feiert Merkel

Merkel hat sich in Brüssel durchgesetzt - die CSU findet das gut.

Merkel hat sich in Brüssel durchgesetzt - die CSU findet das gut.

(Foto: REUTERS)

Die Bankenunion kommt, aber nicht zum 1. Januar 2013. Kanzlerin Merkel hat sich auf dem Brüsseler EU-Gipfel durchgesetzt. CSU-Chef Seehofer feiert sie dafür - und deutet an, dass seine Partei nicht mehr auf einen griechischen Austritt aus dem Euro dränge.

CSU-Chef Horst Seehofer hat die als Erfolg von Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet. "Das ist aus meiner Sicht ein weiterer Etappenerfolg der Kanzlerin", sagte Seehofer vor Beginn des CSU-Parteitags in München. Allmählich zeigten sich auch die ersten Erfolge in den von der Schuldenkrise betroffenen Ländern. "Wir haben mit unserer Politik der kontrollierten Solidarität Erfolg", sagte Seehofer.

Zwei Tage lang treffen sich die CSU-Delegierten in München.

Zwei Tage lang treffen sich die CSU-Delegierten in München.

(Foto: dpa)

Merkel selbst sieht allerdings trotz der Einigung auf einen Zeitplan für die Bankenaufsicht noch viele Hindernisse. Schon das Ziel, bis zum Jahresende eine Rechtsgrundlage für die Aufsicht zu schaffen, sei "sehr ambitioniert", sagte Merkel in Brüssel. Griechenland bekam dort Lob für "gute Fortschritte" im Kampf gegen die Schuldenkrise.

In Deutschland übte die Opposition Kritik an Merkels Gipfel-Strategie. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, die Kanzlerin feiere es "als Erfolg, den Start einer europäischen Bankenaufsicht weit in das nächste Jahr verzögert zu haben. Auf Druck der Bundeskanzlerin bleibt der europäische Finanzmarkt schwach reguliert und schwach beaufsichtigt".

Die beim Gipfel vage beschlossene Aufsicht über alle 6000 Geldinstitute der Eurozone soll verhindern, dass Institute von nationalen Aufsichtsbehörden zu lax kontrolliert werden und bei Problemen die gesamte europäische Finanzbranche in Schwierigkeiten bringen. Nach schwierigen Verhandlungen hatte sich der Gipfel darauf verständigt, dass die Aufsicht im Verlauf des kommenden Jahres ihre Arbeit aufnehmen soll. Bis Jahresende soll dafür die Rechtsgrundlage stehen.

"Noch schwierige Fragen zu klären"

Merkel widersetzte sich erfolgreich Plänen von Frankreich und mehreren Südländern, die Aufsicht schon zum 1. Januar 2013 zu starten. "Es sind noch schwierige Fragen zu klären", sagte sie nach dem Kompromiss. So müssten rechtliche und technische Probleme für die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Kontrollinstanz gelöst werden; hinzu kämen Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und die Befassung des Bundestags bei einzelnen Etappen. Allerdings reklamierte auch Frankreichs Präsident François Hollande einen Gipfel-Erfolg für sich: "Es gibt keinen ungenauen Kalender: Es gibt den 1. Januar."

Für sie sei von Anfang an klar gewesen, dass die Bankenaufsicht "nicht an zwei Wochenenden" eingeführt werden könne, sagte die Kanzlerin. Schließlich müsse dafür auch quasi eine neue Behörde mit vielleicht bis zu 400 Mitarbeitern geschaffen werden. Dass Eine ganz neue Behörde, die nicht einmal eine Rechtsgrundlage habe, könne nicht bereits Anfang 2013 funktionieren, sagte Merkel: "Das ist doch so klar wie Kloßbrühe." Mehr Klarheit beim Fahrplan soll der EU-Gipfel im Dezember bringen.

Merkel wies auch Unterstellungen zurück, sie habe die Bankenaufsicht wegen der Bundestagswahl im September 2013 hinauszögern wollen, damit der Wahlkampf nicht durch unpopuläre Bankenrettungsaktionen im Ausland überschattet wird. Hintergrund ist die Verknüpfung der Aufsicht mit der Frage, ab wann der Euro-Rettungsfonds ESM angeschlagene Banken direkt unterstützen darf. Dies soll erst gehen, wenn die Bankenaufsicht steht. Dass die schon vor Monaten in Bedrängnis geratenen spanischen Banken noch von der Regelung profitieren könnten, schloss Merkel aus.

Ausnahme für Sparkassen gefordert

Der deutsche Sparkassenverband bekräftigte seine Forderung, regional oder national arbeitende Kreditinstitute von der Bankenaufsicht auszunehmen. Eine europäische Aufsicht werde überfordert, wenn sie mehr als 6000 Banken beaufsichtigen solle, erklärte Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon. Auch die Bundesregierung hatte bisher eine Ausnahme für die deutschen Sparkassen gefordert.

Hollande konnte sich nicht durchsetzen - fühlt sich aber trotzdem als Gewinner.

Hollande konnte sich nicht durchsetzen - fühlt sich aber trotzdem als Gewinner.

(Foto: REUTERS)

Weitere Themen des Gipfels zur Reform der Wirtschafts- und Währungsunion wurden durch die Debatte um die Bankenunion in den Schatten gestellt. Auf zurückhaltende Reaktionen stieß der deutsche Vorschlag, den EU-Wirtschaftskommissar mit einem Veto-Recht zu nationalen Haushalten auszustatten. Frankreichs Präsident François Hollande sagte, der Plan sei "nicht diskutiert worden". Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy sagte, es sei "nicht der Moment" für solche Vorschläge.

Allerdings unterstützte Hollande den Vorschlag eines gemeinsamen Budgets der 17 Euroländer. Befürchtungen von Nicht-Euro-Ländern innerhalb der EU habe er zerstreut: "Ich habe diese Länder beruhigt", sagte Hollande in Brüssel. "Es gibt unser (aller) Budget." Ein Haushalt der Euroländer sei "kein Ersatz, sondern eine Ergänzung". Neben Gipfelchef Herman Van Rompuy will auch Deutschland ein gemeinsames Eurozonen-Budget. Merkel sprach am Freitag von einem "Solidaritätsfonds".

Lob für Athen

Dem hoch verschuldeten Griechenland attestierten die Euro-Staaten "gute Fortschritte" bei Reformen. Diese sind Voraussetzung für die Auszahlung einer weiteren Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro. Die Eurogruppe erwarte nun den Bericht der Gläubiger-Troika und werde dann "die notwendigen Entscheidungen" treffen. Merkel sagte, wenn Athen seine Verpflichtungen erfülle, werde dies sicherstellen, "dass Griechenland in der Eurozone verbleiben kann".

CSU-Chef Seehofer betonte, dass die CSU derzeit nicht mehr auf einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone dränge. "Wenn die ganzen Dinge nicht erfüllt würden, wäre das eine Option", sagte der CSU-Vorsitzende. Im Moment stelle sich die Frage nicht. Für eine endgültige Entscheidung zu Griechenland müsse wie vereinbart zunächst der Troika-Bericht abgewartet werden. Wenn die Troika zusätzliche Hilfen empfehle, sei das zu besprechen. Seehofer schloss damit erstmals zusätzliche Hilfen für Griechenland nicht mehr aus. Er begründete dies mit dem Argument, die Reform- und Konsolidierungsanstrengungen der vergangenen drei Jahre zeigten Wirkung. "Die ökonomischen Ungleichgewichte in Europa nehmen ab."

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt lehnte eine Vergemeinschaftung von Schulden allerdings weiterhin ab. Die CSU werde weiter darauf achten, dass Deutschland bei den Finanzhilfen nicht überfordert werde, sagte er in München. Auch Überlegungen für einen "Super-Währungskommissar", wie in Bundesfinanzminister Schäuble vorgeschlagen hatte, erteilte Dobrindt eine Absage.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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