Knappe Umfragen Seehofer fordert Stopp der FDP-Kampagne
20.09.2013, 06:19 UhrCSU-Chef Seehofer attackiert die Zweitstimmenkampagne der Liberalen, FDP-Chef Rösler verteidigt ebenjene. Aus gutem Grund - das ZDF veröffentlicht zum ersten Mal seit Jahrzehnten noch in der Woche vor der Wahl eine Last-Minute-Umfrage und konstatiert: Es wird nochmal richtig spannend.
Zwei Tage vor der Bundestagswahl hat CSU-Chef Horst Seehofer der FDP nahegelegt, ihre Leihstimmenkampagne aufzugeben. "Ich rate uns allen, sich in den letzten Stunden vor der Bundestagswahl mit dem politischen Gegner auseinanderzusetzen und sich nicht gegenseitig die Stimmen streitig zu machen", sagte Seehofer der "Welt".
"Es gibt in Deutschland ein ausreichendes liberales Wählerpotenzial von deutlich über fünf Prozent. Mit den richtigen Themen und dem richtigen Stil kann die FDP ihr eigenes Potenzial auch ausschöpfen", sagte der bayerische Ministerpräsident. Er erinnerte daran, dass die FDP bei der Landtagswahl in Bayern mit einer ähnlichen Taktik gescheitert sei.
FDP-Parteichef Philipp Rösler verteidigte das Vorgehen der Liberalen im Wahlkampfendspurt. Die FDP vertrete die Werbung für Leihstimmen aus der Union sehr selbstbewusst und mache sich keineswegs klein damit. "Uns geht es um Inhalte", sagte Rösler der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er geht davon aus, dass viele Unentschlossene doch noch zur Wahl gehen, gerade weil das Rennen denkbar knapp sei.
Gröhe bellt und Döring kläfft zurück
Der Zank um die Zweitstimmen wird auch zwischen den Generalsekretären der beiden Partner ausgetragen. Bei n-tv sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe trotz der Kampagne der Liberalen: "Aber wir sagen unseren Anhängerinnen und Anhängern, wer überzeugt ist, dass es ein gutes Programm ist, was die CDU für die Zukunft vorlegt, der sollte mit beiden Stimmen CDU wählen."
Kollege Patrick Döring von der FDP konterte und bekräftigte, beide Parteien stünden in Konkurrenz zueinander. Gröhe griff er im Interview bei n-tv direkt an: "Ich finde es schon ein ganz merkwürdiges Demokratieverständnis, wenn der Eindruck erweckt wird, die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger gehörten der Bundeskanzlerin oder dem geschätzten Kollegen Gröhe."
Insa und "Politbarometer" unterscheiden sich merklich
Der Ausgang der Bayern-Wahl am vergangenen Sonntag veränderte Umfragen zufolge die Mehrheitsverhältnisse im Bund nicht wesentlich. Das neue ZDF-"Politbarometer" ergab eine hauchdünne Mehrheit für Schwarz-Gelb. CDU/CSU und FDP kämen danach zusammen auf 45,5 Prozent. Auf SPD, Grüne und Linke entfallen 44,5 Prozent.
Nach einer Erhebung des Instituts Insa für die "Bild"-Zeitung erreicht Schwarz-Gelb mit 44 Prozent der Stimmen keine Mehrheit. SPD, Grüne und Linke kämen rechnerisch auf 45 Prozent. Ein rot-rot-grünes Bündnis haben SPD und Grüne allerdings ausgeschlossen. Im Gegensatz zur ZDF-Erhebung würde laut Insa die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) mit 5 Prozent knapp ins Parlament kommen, beim ZDF hingegen landet sie unverändert bei 4 Prozent.
Nach dem ZDF-"Politbarometer" kommt die Union dagegen unverändert auf 40 Prozent der Stimmen, die FDP auf 5,5 Prozent (-0,5). Die SPD erreicht 27 Prozent (+1,0), die Grünen 9 Prozent (-2,0) und die Linken 8,5 Prozent (+0,5). Die Insa-Umfrage hatte folgende Zahlen ermittelt: Union 38 Prozent, SPD 28 Prozent, Linke 9 Prozent, Grüne 8 Prozent, FDP 6 Prozent und die AfD 5 Prozent.
Lammert kritisiert Wahlumfragen
Das ZDF hatte erstmals seit Jahrzehnten entgegen bisheriger Absprachen mit der ARD noch in der Woche vor der Wahl eine Umfrage veröffentlicht. Das war deshalb interessant, weil die Daten nach der Bayern-Wahl und während der Pädophilie-Debatte bei den Grünen erhoben wurden.
Bundestagspräsident Norbert Lammert kritisierte die Vielzahl von Wahlumfragen. "Die täglichen Wasserstandsmeldungen der jeweils neuen Ergebnisse bis zum Wahltag halte ich nicht für eine Errungenschaft", sagte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post". Die Veröffentlichung von Wahlumfragen noch am Tag der Bundestagswahl sollte sich nach Lammerts Ansicht "von selbst verbieten". Er begründete seine Einschätzung mit der Gefahr einer "Verwechslung von Umfragen und Wahlergebnissen".
Die "Bild am Sonntag" erscheint erstmals noch am Wahlsonntag mit einer aktuellen Meinungsumfrage zur Bundestagswahl. Die Zeitung will die Ergebnisse in der Nacht zum Samstag vorab veröffentlichen.
Quelle: ntv.de, dpa