Politik

Widerstand gegen Steuerpläne Seehofer gewinnt Verbündete

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Steuerpläne von CDU und FDP könnten sich als fataler Schnellschuss erweisen. Auch Unions-geführte Länder stellen sich gegen das Vorhaben und stützen damit CSU-Chef Seehofer. Der fühlt sich nicht nur inhaltlich, sondern auch persönlich übergangen und greift das Kanzleramt an - unterstützt aus der FDP. Die Regierung ist in der Defensive.

CSU-Chef Horst Seehofer hat mit seiner scharfen Kritik am Vorgehen der Regierung bei der geplanten Steuerreform offenbar in ein Wespennest gestochen. Unter den CDU-Ministerpräsidenten findet Seehofer immer mehr Verbündete.

Volker Bouffier sekundiert Seehofer.

Volker Bouffier sekundiert Seehofer.

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Hessens Regierungschef Volker Bouffier sagte: "Hauptaufgabe ist zurzeit, dass wir versuchen, die Haushalte zu konsolidieren." Eine Bekämpfung der kalten Progression sei richtig. "Aber genauso klar ist, das kann nicht zulasten der Länder und der Kommunen gehen. Das muss der Bund dann in seinem Bereich lösen", betonte Bouffier: "Wenn das nicht geht, dann geht das jetzt eben nicht." Rainer Haseloff bekräftigte in der "Mitteldeutschen Zeitung" seine Ablehnung gegen Steuersenkungen. Zum jetzigen Zeitpunkt sendeten sie "ein völlig falsches Signal", erklärte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt.

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht sagte mit Blick auf die schwarz-gelben Koalitionspartner in Berlin: "Die sollen sich erst mal einig werden." Sie bekräftigte, dass sie die Überlegungen für Steuersenkungen "nicht für zielführend" halte. Die Spitzen von Union und FDP haben noch keine konkreten Beschlüsse gefasst. An der Entscheidung des Koalitionsausschusses am 6. November sollen dann auch die Unions-Ministerpräsidenten beteiligt werden.

"Es gibt keinen Plan B"

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will trotz der Kritik nicht von seinem Entlastungsmodell abrücken. "Es gibt keinen Plan B", sagte Schäubles Sprecher Martin Kotthaus, der damit auch Gerüchten entgegentrat, es sei eine Absenkung des Solidarbeitrags in der Diskussion. Das Finanzministerium betonte, es solle das Phänomen beseitigt werden, dass Staatseinnahmen durch Inflation begünstigt würden. Bei der "kalten Progression" werden Lohnerhöhungen bei starker Preissteigerung von der Steuer größtenteils wieder aufgefressen.

Von der geplanten Steuerentlastung sollen nach dem Willen der CDU vor allem die Bezieher mittlerer Einkommen profitieren. Darauf solle der "sicherlich sehr bescheidene Spielraum" konzentriert werden, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nach Beratungen der Spitzengremien seiner Partei. Die Entlastung hatten Schäuble und Wirtschaftsminister Philipp Rösler auf sechs bis sieben Milliarden Euro beziffert.

"Das war keine Panne"

Die Art und Weise, wie die Vorstellung der Pläne abgelaufen war, hatte großen Streit in der Koalition ausgelöst. Bei der Präsentation in der vergangenen Woche sei die CSU bewusst übergangen worden, kartete Seehofer nun in der "Süddeutschen Zeitung" nach. "Das war keine Panne. Die Bayern werden das schon schlucken - das war das Kalkül. Und das war grob falsch", sagte der CSU-Vorsitzende. Seehofer war über diese Präsentation vorab von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef Ronald Pofalla informiert worden, hatte dem Vorhaben aber eigenen Angaben zufolge klar widersprochen.

Es habe "überhaupt keinen vernünftigen Grund" gegeben, "am Tag vor dem Koalitionsausschuss gegen den erklärten Willen eines Koalitionspartners ein Steuerreformkonzept in der Öffentlichkeit zu präsentieren", kritisierte Seehofer. Damit habe das Kanzleramt das Verhältnis zwischen den Koalitionspartnern unnötig schwer belastet.

"Keine Erfolgsstory"

"Reinlegen ist kein Teil des gegenseitigen miteinander Umgehens."

"Reinlegen ist kein Teil des gegenseitigen miteinander Umgehens."

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Kritik am Kanzleramt kam auch aus der FDP. Das Bundeskanzleramt habe "schlechtes Management" gezeigt, sagte Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil. Es sei kurios, dass CSU, CDU und FDP sich in der Sache - steuerliche Entlastung der Arbeitnehmer - einig seien, es aber wegen "persönlicher Befindlichkeiten" jetzt so große Probleme gebe, erklärte Zeil, der in München zusammen mit Seehofer in einer schwarz-gelben Koalition regiert.

Regierungssprecher Steffen Seibert verwehrte sich gegen die Anschuldigungen. "In dieser Bundesregierung ist Reinlegen kein Teil des gegenseitigen miteinander Umgehens", betonte er. CDU-Generalsekretär Gröhe räumte ein, was die Kommunikation in der Koalition angehe, "könne sicherlich manches besser laufen". Dies sähen auch alle Beteiligten so. Volker Bouffier zog ein nüchternes Fazit aus dem Streit um die Steuerpläne: "Reden wir nicht drumrum, dass das keine Erfolgsstory geworden ist, das ist wohl wahr."

Zehn Milliarden Euro mehr

Die Bundesregierung erwartet trotz eingetrübter Konjunkturaussichten auch im kommenden Jahr steigende Steuereinnahmen. In diesem Jahr könne allein der Bund im Vergleich zur Steuerschätzung vom Mai mit Mehreinnahmen von rund zehn Milliarden Euro rechnen, heißt es.

Die Koalitionsspitzen, die am Freitagabend im Kanzleramt eigentlich wichtige Projekte für die verbleibende Legislaturperiode voranbringen wollten, hatten sich nach mehrstündiger Sitzung vertagt. Am 6. November soll nun bei einem weiteren Treffen unter anderem erneut über die Steuerentlastung beraten werden, bis dahin sollen mehrere Modelle durchgerechnet werden.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa/rts

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