Favoriten Beckstein/Huber Seehofer ist übrig
19.01.2007, 07:42 UhrBayerns Innenminister Günther Beckstein, der als neuer Ministerpräsident unumstritten ist, hat von CSU-Vize Horst Seehofer den Verzicht auf eine Kandidatur für den Parteivorsitz als Nachfolger von Edmund Stoiber verlangt. Wirtschaftsminister Erwin Huber habe ein starkes Signal der Geschlossenheit gegeben, indem er keine Ansprüche auf das Amt des Ministerpräsidenten erhoben habe, sagte Beckstein dem "Münchner Merkur". Es wäre ein großes Signal der Geschlossenheit von Seehofer, wenn eine monatelange Diskussion um den CSU-Vorsitz vermieden würde.
Damit werden Seehofer kaum noch Chancen auf den Parteivorsitz eingeräumt. Auch die CSU-Spitze favorisiert nach Informationen aus Parteikreisen Huber und Beckstein als Stoiber-Nachfolger.
Ablasshandel auf bayerisch
Die Huber-Anhänger arbeiten nach einem Medienbericht an einem Kompromiss, um eine Kampfkandidatur gegen Seehofer zu vermeiden. Nach Informationen der "Welt" soll dem Bundesagrarminister eine besonders herausgehobene Stellung im Parteivorstand angeboten werden. Danach könnte für Seehofer, der bereits Parteivize ist, die Stelle des "ersten Stellvertreters des Parteivorsitzenden" geschaffen werden.
Huber bot seinem Konkurrenten Zusammenarbeit an. "Ich bin der Meinung, dass es für die Volkspartei CSU sehr gut wäre, wenn neben einem Ministerpräsidenten Günther Beckstein und einem Parteivorsitzenden Huber auch weiter in der Position des stellvertretenden Vorsitzenden mit Horst Seehofer die ganze Breite der Volkspartei dargestellt wird", sagte Huber am Freitag in einem dpa-Gespräch.
"Für mich ist es selbstverständlich, dass Horst Seehofer weiterhin zur ersten Garde in der CSU gehört", sagte Huber. "Ich biete ihm eine vertrauensvolle Zusammenarbeit an." Seehofer sei auch wegen seines Schwerpunktes Sozialpolitik wichtig für die CSU. "Horst Seehofer ist ein Mann mit hoher Kompetenz, der in der CSU gebraucht wird."
Stoiber spricht mit allen
Einen Tag nach seiner Rücktrittsankündigung führte der scheidende Ministerpräsident Edmund Stoiber mit CSU-Spitzenpolitikern Gespräche über die Nachfolgeregelung. Stoiber sprach am Freitag einzeln unter anderem mit Huber, Beckstein, CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer, Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann und Landtagspräsident Alois Glück über die Lage.
Mit Bundesagrarminister Seehofer will Stoiber am Wochenende in München unter vier Augen reden. Sowohl Seehofer als auch Huber hielten ihre Kandidaturen zunächst aufrecht. Am Montag will der CSU-Vorstand die Nachfolge in Stoibers Spitzenämtern erörtern.
Seehofer kämpft
Seehofer geht kämpferisch in die Auseinandersetzung um die Parteispitze, gilt nach Berichten über sein Privatleben aber als angeschlagen. "Es gibt keinen Rechtsanspruch auf den Parteivorsitz", sagte er in einem dpa-Gespräch. Notfalls will er es auf eine Kampfabstimmung gegen Huber auf dem Parteitag im September ankommen lassen.
Seehofer ging auch von der Unterstützung durch die CSU-Bundestagsabgeordneten aus. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer habe ihm gesagt, er sei neben anderen einer, "der durchaus für so etwas diskutiert werden sollte". Der Zweite wäre laut Ramsauer auf Bundesebene Wirtschaftsminister Michael Glos. "Ich verlasse mich auf solche Gespräche", sagte Seehofer, der in den nächsten Wochen und Monaten die Stimmung für sich an der Basis testen will.
Auch Huber meldete weiter Führungsanspruch an. Er fühle sich darin "durch Zuspruch von vielen aus der Landtagsfraktion und aus den Kreisverbänden gestärkt, sagte er den "Stuttgarter Nachrichten". "Als Kapital bringe ich meine lange Erfahrung als Generalsekretär, Finanzminister, Leiter der Staatskanzlei und Wirtschaftsminister ein."
Eigentlich ist alles klar
Die CSU-Landesgruppe hatte am Donnerstag bereits deutlich gemacht, dass sie voraussichtlich die angestrebte Nachfolgeregelung mit der Doppelspitze Beckstein/Huber mittragen werde. Mehrere Vorstandsmitglieder und Kreisvorsitzende bestätigten der dpa, dass eine Mehrheit die angedachte Tandemlösung mit Beckstein und Huber favorisiert. "Das läuft stark Richtung Beckstein und Huber", sagte ein CSU-Vorstandsmitglied. Über die Nachfolge als Ministerpräsident sagte Landtags-Präsident Glück im Deutschlandfunk, zu Beckstein gebe es keine Alternative.
Opposition stichelt
Die SPD in Bayern hält indessen an ihrer Forderung nach Neuwahlen fest. Zunächst soll am 30. Januar im Landtag der Antrag auf sofortigen Rücktritt von Stoiber als Ministerpräsident gestellt werden. Bei einem Scheitern werde die SPD einen Volksentscheid zur Auflösung des Landtags und Neuwahlen vorantreiben, teilten der SPD-Landesvorsitzende Ludwig Stiegler und Fraktionschef Franz Maget nach einer Sitzung des Parteipräsidiums in Ismaning bei München mit.
Die Landtags-Grünen sehen die CSU in den nächsten Monaten vor einem andauernden Machtkampf. Die Neun-Monatsfrist bis zum Abtritt Stoibers als Regierungschef sei "schädlich für Bayern", sagte Fraktionschefin Margarete Bause.
Quelle: ntv.de